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Festival Neue Sinnlichkeit für alten Knast

Mit großen Schritten naht der Start der Sinnlichkeit: Am Sonnabend
öffnen die Künstler die Tore der einstigen Justizvollzugsanstalt. Mit
vielfältigen Beiträgen interpretieren sie die Räume neu.

Von Martin Rieß 03.06.2015, 03:23

Magdeburg l Emsiges Treiben auf dem Gefängnishof: Arbeiten an der hölzernen Dekoration gehen in den Endspurt. Aus dem steinernen Boden wird eine Art Strandlandschaft, ein Traumstrand zwischen hohen Mauern und Stacheldraht. Inzwischen ist zu erahnen, was sich den Besuchern hier ab Sonnabend bieten wird.

An diesem Tag nämlich wird um 17 Uhr das diesjährige Kunst- und Kulturfestival, das vom Verein Kulturanker initiiert wird, eröffnet. Für 16 Wochen verwandelt sich der von 1903 bis 2013 als Gefängnis genutzte Komplex in ein kulturelles Zentrum, das weit über die Grenzen Magdeburgs ausstrahlen wird.

Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh hat die Schirmherrschaft übernommen und sagt: "Mich fasziniert besonders, wenn nicht mehr genutzte Räume neu bespielt und mit neuen Ideen wiederbelebt werden." Das Schöne an all dieser Vielfalt, an dem Austausch und den überraschenden Ideen sei, dass man ins Nachdenken, ins Grübeln kommen kann, ohne auf Anhieb eine Antwort zu finden. "Wie das Stichwort ,Sinnlichkeit` in einer solchen Umgebung umgesetzt werden kann, ist eine spannende Sache", meint der Minister. Und er sagt: "Das geht bis zu den Kohlrabipflänzchen, die hier an einigen Stellen angebaut werden - welche Rolle werden die noch übernehmen?" Oder werden sie doch einfach nur in der Küche verarbeitet und von den Besuchern dann achtlos verputzt?

Auf jeden Fall habe das Projekt das Zeug, einen Beitrag zur Kulturhauptstadtbewerbung zu leisten. Es gehe dabei ja um das Beschreiten neuer Wege, um die Neuinterpretation vergangener Orte. Die letzten Beispiele der europäischen Kulturhauptstädte bewiesen, dass genau dies heute gefragt sei - und eben nicht das Vorsetzen fertiger Konzepte und ausgetretener Wege für Kulturtouristen, die die jeweiligen Orte ohnehin schon auf dem Zeiger haben.

Magdeburgs Kulturbeigeordneter Matthias Puhle steht ebenfalls hinter dem Projekt des Kulturankers. Er sieht in der Veranstaltung eine Chance für Magdeburg. Er sagt: "Die internationalen Kontakte, die beim Festival gepflegt und geknüpft werden, können die gesamte Stadt Magdeburg voranbringen."

Und tatsächlich - rund 100 Künstler kommen aus Sachsen-Anhalt, rund 150 aus anderen Teilen Deutschlands und aus anderen Teilen der Welt. Der Kulturbeigeordnete kündigt deshalb schon einmal an, die Zusammenarbeit mit dem Kulturanker-Verein zu intensivieren. Selbst wenn der sich seit zehn Jahren mit Projekten wie der Romantik 2.0 im Altstädtischen Krankenhaus und der Mystique in einem einstigen Verwaltungsgebäude längst einen Namen gemacht hat, geht es dabei nicht um eine institutionelle Förderung. Das wäre ja vielleicht auch der Unabhängigkeit abträglich, wie sie nicht allein beim Kulturanker, sondern auch bei Akteuren z.B. in Buckau, Salbke, Westerhü-sen und am Industriehafen gepflegt wird. Matthias Puhle: "Nein, es geht darum, dass die Initiatoren dieses Projektes ihre Ideen einbringen, was Magdeburg als Stadt der Kultur voranbringen kann."