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Willi Willmann über sich, über Faszination und Perspektiven / Noch eine "Prognose" Magdeburgs dienstältester Wetterfrosch nimmt Abschied von der Aßmannstraße

Von Karl-Heinz Kaiser 18.11.2011, 04:24

Er gilt als dienstältester Meteorologe mindestens in Magdeburg. 40 Jahre lang war die Wetterwarte in der Aßmannstraße ununterbrochen seine berufliche Heimat. Jetzt geht er in den Ruhestand. Der Stadt und dem Wetter bleibt er treu.

Magdeburg l Der Name Willi Willmann hat durchaus den besonderen Klang. Den merkt man sich auf Anhieb - wie Paul Panzer, Fredi Fröschki, Peter Pan und Peter Panther.

Der Bekanntheitsgrad des dienstältesten Magdeburger Wetterfroschs indes beruht insbesondere auf seinen langjährigen eigenen exakten Publikationen übers Wetter. Vor allem in der Volksstimme. Außerdem auf seinen Aussagen, die von Journalisten verbreitet wurden. Auch da spürt man: Willman will es exakt sagen. Trotzdem populär und mit einem Funken Humor. Gegen die Bezeichnung Wetterfrosch hat er - wie manch Nichtmagdeburger Kollege vielleicht - absolut nichts. "Im eigenen Garten habe ich mindestens einen solcher Frösche stehen - aus Terrakotta ", verrät er schmunzelnd.

"Deutscher Wetterdienst hat nicht Absicht, die Station zu schließen."

Die wird er nun öfter sehen. Willmann, der am vergangenen Sonntag seinen 65. Geburtstag feierte, geht in den Ruhestand. Heute wird er offiziell verabschiedet in der Wetterwarte in der Straße mit dem traditionsreichen Namen. Nach 40 Berufsjahren allein dort, nach 47 Jahren insgesamt. 1964 hatte er den Beruf des Meteorologen erlernt und später studiert. 1971 kam er nach Magdeburg.

Damals habe er teilweise noch mit Instrumenten aus Aßmanns Zeiten gearbeitet, erinnert er sich an das Aspirationspsychrometer, das den Namen des großen Wetterforschers und Entdeckers der Stratosphäre trägt. Die Erfindung zur Luftfeuchtemessung habe auch heute noch Bestand, weiß er. Allerdings hat sich in der Mess- und Beobachtungstechnik inzwischen ein Quantensprung vollzogen. Es war ein ständiges Hinzulernen. In den Zeiten nach der Wende, als der Deutsche Wetterdienst in Offenbach die Wetterwarte übernommen hatte.

Aber für einen, für den der Beruf eine in die Wiege gelegte Berufung ist, keine unüberwindbare Hürde. Das Wetter sei ein Naturprozess, hinter dem sich bestimmte Gesetzmäßigkeiten verbergen. Die wissenschaftlich immer exakter zu erschließen, sei faszinierend, sagt er.

In den letzten Jahren werden Voraussagen auch für den persönlichen Bereich immer wichtiger. Zumal immer mehr außergewöhnliche Wetterphänomene bekannt werden. Auch in Magdeburg. Unwetterwarnungen nehmen viele schon als Alltagsservice - erst recht nach Kyrill, jenem verhängnisvollen Sturm. Seine Kollegen sind deshalb weiter gefragt.

Nein, und der Deutsche Wetterdienst habe nicht die Absicht, die lange Tradition der Wetterbeobachtung durch Schließung hier zu beenden, will er wissen. Immerhin hatte Aßmann sogar die erste Zeitungswetterwarte Deutschlands erstellt, das war 1880.

Jürgen Tremmel, Leiter der Regionalen Messnetzgruppe Potsdam, bestätigt: Das stimme so. Zwar könne sich immer etwas ändern. Aber Magdeburg werde derzeit nicht in Frage gestellt. Allein schon, weil die Station eine feste Größe in der Radioaktivitätsmessung der Bundesrepublik einnehme, sagt er.

Natürlich ist vieles mit der neuen Ära des Wetters im Fluss. Zwar werde nach wie vor rund um die Uhr auch in Magdeburg gemessen. Aber um 21 Uhr geht das Personal nach Hause, die Geräte übernehmen automatisch. Früh um fünf beginnt die neue Schicht. Vollends ersetzbar wird der Mensch nicht.

"Die Stadt hat meiner Ansicht nach zwei Chancen verpasst."

Willi Willmann ist verheiratet, hat einen erwachsenen Sohn. Im Kreise der jüngeren "Wetterfrösche" wie Mario Brych, Sabine Kaunert, Stephan Wilke, Uwe Peruth, Gunter Clauß und Karl-Heinz Strich gehört er zu den wenigen, die mit dem Zweifarbfüller selbst eine Wetterkarte zeichnen können. Sehr kunstvoll, denn er hat mehrere Talente.

Eines davon, sein rhetorisches, nutzt er seit etwa 10 Jahren als Stadtführer. Dafür hat er sich in der Freizeit qualifiziert. Ein persönlicher Gewinn für ihn. Und für die Stadt. Denn kein Geringerer als Alt-OB Willi Polte hat als zufälliger "Zaungast" seiner Touristenführung im Möllenvogteigarten vom Fürstenwall herunter verbal Beifall gespendet: Wer so die Schönheiten der Stadt den Gästen nahebringe, dem merke man an, dass er sie liebt, soll er gesagt haben. Polte hat recht.

Obwohl Willmann - sicher auch wegen der Grundstückspreise - in Niederndodeleben gebaut hat, bleibe er Magdeburger mit Leib und Seele. Und natürlich Stadtführer. Die Stadtentwicklung auch der letzten 10 Jahre fasziniert ihn außerordentlich. Hundertwasserhaus, Bastion Cleve und weitere Ausgrabungen am Fürstenwall, Dom und Möllenvogteigarten, Sternbrücke, Liebfrauenkloster, Wasserstraßenkreuz, Elbuferpromenade zählt er auf. Da habe Magdeburg Großartiges.

Verpasste Chancen sind für ihn der abgeschmetterte Wiederaufbau der Ulrichskirche. Und zweitens, dass die Tony-Cragg-Plastik nicht verwirklicht wurde.

Was ihn immer wieder erstaunt: Es seien meist Gäste, die sagen, wie schön Magdeburg doch eigentlich ist. Von manchem Elbestädter kämen leider andere Töne, bedauert er. Aber er ist ja auch in einem kleinen Ort bei Salzwedel geboren ....

"Ein Barograph zu Hause ersetzt den Computer"

Mit dem Wetter bleibt Willi Willmann eng verbunden. Er hat zu Hause einen Barographen aus den 1920er Jahren, den ihm einst ein alter Kollege geschenkt hat. Zweitens bewirtschaftet er einen Garten. Wetter und Vorhersagen (eben auch "selbst gemachte") sind so immer gefragt. Wobei - zuverlässig, wissenschaftlich exakt seien die ja meist nur für die nächsten zehn Tage, sagt er.

Auf die derzeit brennende Frage, wie der Winter wird, antwortet er stilgerecht: Wenn er das exakt wüsste, dann würde er es mir jetzt nicht sagen. "Diese Information würde ich meistbietend verkaufen", scherzt der scheidende Wetterfrosch.

Dann wäre er mit einem Schlag reich, glauben Insider. Schneereich? Das wäre dann doch eine versteckte Prognose des erfahrenen Wettermanns.