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Dank einer zehn Millionen Euro schweren Investition ist aus einer Ruine wieder ein Vorzeigestück geworden. Von Martin Rieß Haus des Handwerks: Die Rückkehr der Meister

16.11.2012, 01:13

Heute klingen die Sektgläser in der Magdeburger Gareisstraße: Mit allerlei Prominenz unter den Gästen wird das Haus des Handwerks als neuer Sitz der Handwerkskammer eröffnet. 1956 hatte diese sich hier bereits ein Kulturhaus eingerichtet.

Magdeburg l Ein echtes Schatzkästchen haben sich die Handwerker in der Magdeburger Gareisstraße zugelegt. Nicht allein, weil zehn Millionen Euro in das Projekt geflossen sind. Eine solche Summe ist bei der Sanierung eines maroden Baus dieses Ausmaßes unter den Vorgaben des Denkmalschutzes nicht ungewöhnlich.

Ein Schatzkästchen ist dieses Haus vielmehr aus ganz anderen Gründen. Zum einen mit einem Schatz an persönlichen Erinnerungen: Verbunden ist die Adresse Gareisstraße 10 aber auch mit persönlichen Geschichten: Menschen, nicht allein aus Magdeburg, haben hier ihre Jugendweihen und Hochzeiten gefeiert, haben hier ihre Meisterbriefe erhalten und sind zu Jubiläen geehrt worden. Seit Mitte der 50er Jahre war das Gebäude Kulturhaus der Handwerker. Es galt über viele Jahre als bestes Hotel der damaligen Bezirksstadt, so dass auch etliche prominente Gäste hier logiert haben. Zum anderen ist das Haus ein Schatzkästchen mit Blick auf Erinnerung an eine Stadt, deren historisches Zentrum im Zweiten Weltkrieg in Flammen aufging.

Zwar hatte die von den Bauherren der vor wenigen Wochen abgeschlossenen Sanierung als solide gelobte Bausubstanz die DDR-Zeit ebenso wie die zwei Nachwendejahrzehnte überdauert. Lange Zeit war die Zukunft des Hauses aber alles andere als sicher: Vielmehr schien es nur eine Frage der Zeit, bis das nach dem Verkauf und einer Investorenpleite leer stehende Gebäude nur noch für den Abriss taugt.

Das Wasser lief vom Dach bis in den Keller durch

Gerade der letzte Winter vor dem Beginn der Sanierung 2010 hatte dem Gemäuer enorme Schäden zugefügt. Durch offene Fenster und ein löchriges Dach war das Wasser bis in den Keller gelaufen, und der Frost hatte ein Übriges getan. Die Reste des Inventars waren längst von Randalierern zertrümmert worden. Mit Blick auf diesen Zustand war die Entscheidung der Handwerkskammer, das Gebäude zurückzukaufen und zu sanieren, im Jahr 2009 gerade noch rechtzeitig gekommen. "Um so glücklicher sind wir, dass wir unser Haus nun haben retten können", ließ Kammerpräsident Werner Vesterling noch vor Fertigstellung des Gebäudes wissen.

Glücklich ist er wohl nicht allein angesichts der Rettung eines Hauses, das seit den 50er Jahren als Symbol für das Handwerk steht. Glücklich auch vor dem Hintergrund, dass die Kammer jetzt mehr Platz hat als in ihrem bisherigen Sitz an der Humboldtstraße südlich der Magdeburger Altstadt. Mit einem eigens neu aufgesetzten Staffelgeschoss wurden sogar ruhige, kleine Räume geschaffen, die bestens geeignet sind für eine individuelle Beratung der Besucher.

Auch wenn die Mitarbeiter in ihren Büros bereits eingezogen sind - so ganz fertig ist das neu erstandene Haus des Handwerks noch nicht. Was die Angestellten des Hauses interessieren dürfte: Auf dem Hof werden derzeit noch ein paar Stellplätze für Dienstwagen eingerichtet. Und was über die Mitarbeiter hinaus viele Menschen interessieren dürfte: Bis zum Frühjahr soll auch die Gastronomie wieder heimisch werden im Haus des Handwerks - ganz in der Tradition des dreieinhalb Jahrzehnte hier ansässigen Handwerker-Kulturhauses. Dazu soll ein Restaurant im Souterrain eingerichtet werden - und im Erdgeschoss kann wie zu DDR-Zeiten beispielsweise für Feiern ein Veranstaltungssaal gemietet werden.

Der Bedeutung der Wiederbelebung des Hauses des Handwerks - wenngleich nicht als Kulturhaus, sondern als Sitz der Kammer - ist sich die Prominenz bewusst: Auf der Rednerliste für den heutigen Empfang stehen neben Kammerpräsident Werner Vesterling beispielsweise Ministerpräsident Reiner Haseloff, der Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks Dirk Palige, Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper, Annemarie Burchardt als Enkelin der Erbauerin Selma Rudolph, die evangelische Bischöfin Ilse Junkermann und der katholische Bischof Gerhard Feige.

Die Handwerkskammer ist für den gesamten Norden Sachsen-Anhalts zwischen Altmark und Harz von Bedeutung. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts betreut sie 14 500 Mitgliedsbetriebe und ist für die handwerkliche Selbstverwaltung zuständig. Die Kammer sieht sich als Interessenvertreter der Betriebe und Dienstleister für das Handwerk. Zu ihren Aufgaben gehören die Führung der Handwerksrolle und das Prüfungswesen.

Weitere Informationen unter www.hwk-magdeburg.de.