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Kampf gegen das Hochwasser in Sachsen-Anhalt Schiffe am Fischbecker Deich versenkt

Von Marc Rath und Daniel Wrüske 17.06.2013, 01:31

Fischbeck/GroßRosenburg l Mit einem spektakulären Versenken von drei Lastkähnen ist es am Wochenende gelungen, den fast 90 Meter langen Deichbruch bei Fischbeck (Landkreis Stendal) weitgehend zu schließen. Ein erster Erfolg: Der Wasserstand des überfluteten Dorfes sinkt.

Eine meterhohe Flamme schießt in die Höhe, dunkler Rauch steigt auf, der Knall ist noch Kilometer entfernt zu hören - was am Sonnabend um 19.48 Uhr sein kurzes Finale fand, ist eine der ungewöhnlichsten Aktionen im Kampf gegen die Fluten: Zwei Lastkähne wurden so in der Elbe vor dem auf einer Länge von fast 90 Metern gebrochenen Deich bei Fischbeck versenkt. Die Lücke konnte damit bis auf 20 Meter geschlossen werden.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) bezeichnete dies als "operative Meisterleistung". Der Kommandeur des Landeskommandos Sachsen-Anhalt, Oberst Claus Körbi, sprach von einem "echten Erfolg": "Das hat noch nie jemand versucht."

Der 75-prozentige Lückenschluss zeigte erste Erfolge. Das Wasser ging nach Angaben aus dem Krisenstab in Fischbeck und Wust im Laufe des Tages um 30 Zentimter zurück.

Eine dritte Schute versenkten die Einsatzkräfte von Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk am Sonntagabend gegen 18 Uhr. Damit konnte der Deich bis auf zehn Meter geschlossen werden. Danach begann der Versuch, mit Containern und großen Sandsäcken aus der Luft die restliche Lücke zu schließen.

Der Innenminister sprach von "einer großartigen Leistung aller Beteiligten" und würdigte auch die zahlreichen Ehrenamtlichen, die bei Jerichow Sandsäcke befüllt hatten.

Der Deich war am Montag vor einer Woche gebrochen und hat seitdem eine Fläche von rund 200 Quadratkilometern des Elbe-Havel-Winkels geflutet. Der östliche Teil des Landkreises Stendal ist damit deutschlandweit eine der vom 2013er Hochwasser am schwersten getroffenen Regionen. Etwa 8000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Das Wasser steht in einigen Orten mehr als einen Meter hoch.

Am Wochenende gab es erste Erfolge, um das Wasser wieder aus der Region abzuleiten. Inzwischen hat die Flut von Fischbeck die Havelpolder erreicht und fließt über die Havel wieder in die Elbe zurück. "An den Poldern kommen jetzt 300 Kubikmeter Wasser in der Sekunde an und so viele fließen auch in Havel und Elbe ab", sagte Flussbereichsleiter Reinhard Kürschner.

Die Situation ist jedoch heikel: Die Polderdeiche sollen eigentlich verhindern, dass Havelwasser in den Süden des Landstrichs fließt. Jetzt drückt das Elbewasser von Süden gegen die andere Seite.

Zwei Sprengungen bei Groß Rosenburg

Damit sich die Wasserflut ihren Weg in die Polder bahnen kann, wurden in dem Landstrich am Wochenende nicht nur eilends weitere Dämme aufgeschüttet und neue Deiche gebaut. An mehreren Stellen musste die Landesstraße 2 durchbrochen werden. Zwischen Jederitz und Kuhlhausen ist die Fahrbahn nunmehr auf einer Länge von 200 Metern abgetragen worden.

Weitere Dörfer mussten jedoch evakuiert werden, da der Weg des herannahenden Wassers nicht mehr kalkulierbar ist.

Spannung auch in Groß Rosenburg (Salzlandkreis): Mit zwei gezielten Sprengungen versuchten Experten dort am Wochenende, die Bruchstelle am Saaledamm zu vergrößern. "Ziel ist, dass möglichst schnell viel Wasser aus den überfluteten Orten Lödderitz, Klein und Groß Rosenburg und Breitenhagen zurückfließt", sagte Christian Jung, Flussbereichsleiter im Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft.

Die Aktionen waren allerdings nur zum Teil erfolgreich. Eine erste Probesprengung am Sonnabendmorgen war noch gut verlaufen. Da sprengten Fachkräfte des Technischen Hilfswerks rund 30 Meter des Deiches weg, der durch das Hochwasser bereits auf 140 Meter aufgerissen worden war. Am Sonntag sollten noch einmal 25 Meter Deich zerstört werden, um das Durchflussloch zu vergrößern. Allerdings blieb Christian Jung zufolge der Deichkamm stehen. Jetzt wird versucht, mit einem Langarm-Bagger die Reste zu entfernen.

Gleichzeitig hat die Bundeswehr den Ringdeich bei Breitenhagen abgedichtet und dahinter drei riesige Spezialpumpen im Ort gesetzt. Zwei von ihnen mit jeweils einer Leistung von zwei Kubikmetern pro Sekunde laufen bereits und sollen Breitenhagen entwässern helfen.

Bei den Landwirten habe die aktuelle Flutkatastrophe größere Schäden als das Hochwasser 2002 angerichtet, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) bei einem Besuch am Sonnabend im Salzlandkreis. Die entstandenen Schäden lägen bereits bei knapp 100 Millionen Euro.

In anderen Teilen des Landes entspannte sich die Lage. In Magdeburg, wo die Alarmstufe 4 bereits seit Freitag nicht mehr gilt, entsorgten Hunderte Helfer am Schleinufer Sandsäcke.