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Wissenschaftsrat hat auch die Schließung erwogen - und stichelt gegen Minister Möllring Um Halles Uni-Klinik tobt der Streit

Von Hagen Eichler 12.08.2013, 03:25

Magdeburg l Der Wissenschaftsrat verteidigt seinen Vorschlag, an der Uniklinik Halle deutliche Einschnitte vorzunehmen. Offenbar sieht das Beratungsgremium darin den einzigen Weg, die Medizin in Halle überhaupt zu retten.

Unter den Gutachtern habe es "sehr ernst zu nehmende Stimmen" gegeben, die für eine Schließung der Medizin in Halle plädiert haben, sagt Thomas May, Generalsekretär des Wissenschaftsrates. Mit der vorgeschlagenen Verkleinerung gebe es nun jedoch eine tragfähige Lösung. Das vor drei Wochen vorgelegte Gutachten empfiehlt, die Grundausbildung nach Magdeburg zu verlegen und in Halle lediglich einen Forschungsbereich zu erhalten.

Eine vertrauliche E-Mail verärgert Mediziner in Halle

Für ein Land mit wenig Einwohnern und wenig Geld sei der Erhalt von gleich zwei Uni-Kliniken in Halle und Magdeburg "nur unter großen Schwierigkeiten möglich", heißt es in dem Bericht. Beide Vorschläge lehnt Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) jedoch ab. Jetzt wächst beim Wissenschaftsrat der Unmut: Die eingeschalteten Wissenschaftler fürchten, dass ihre Empfehlungen in der Schublade landen und folgenlos bleiben. "Wir hoffen, dass wir das, was wir unter großem Einsatz mit vielen Gutachten erarbeitet haben, nicht in Gänze umsonst ist", appelliert der Generalsekretär.

Es wäre nicht das erste Mal. Schon 2009 hatten die Experten ein Gutachten zur Medizin an der Martin-Luther-Universität vorgelegt - mit ernsten Ermahnungen. Bereits damals hieß es, die Ausstattung mit Personal reiche eigentlich nur für eine Medizinische Fakultät im Land. Und bereits damals prognostizierten die Gutachter "gravierende Probleme" in Halle. Geändert hat sich indes nichts. Die Empfehlung, Halle und Magdeburg auf unterschiedliche Schwerpunkte zu verpflichten, die sich gegenseitig ergänzen, seien "nicht angemessen umgesetzt" worden, bedauern die Fachleute in ihrem Gutachten.

Die auf dem Tisch liegenden Vorschläge des Wissenschaftsrates seien "beachtlich", beharrt Generalsekretär May, "da unterscheidet sich meine Wahrnehmung von der Möllrings". Über Kreuz sind die beiden auch in der Frage, ob die Landesregierung in drei Jahren nach Köln meldet, was sie umgesetzt hat. Möllring hat das als "unrealistisch" zurückgewiesen. Die Bitte um einen Bericht sei übliche Praxis, sagt hingegen May. Und stichelt gegen Möllring: "Ich verstehe, dass ein Minister, der noch nicht lange im Amt ist, mit diesen Usancen nicht vertraut ist."

Die unklare Zukunft der halleschen Uniklinik verunsichert Professoren wie Studenten. Empört leiten sie derzeit eine E-Mail weiter, in der sich ein Magdeburger Medizin-Professor Gedanken über Umgestaltungen in Halle macht. Das Land könne sich zwei Unikliniken nicht leisten, heißt es darin. Für Aufsehen sorgt das vor allem deshalb, weil die E-Mail von Bernt-Peter Robra stammt - dem Bruder von Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei.

In Halle wird seither gemunkelt, der Mediziner Robra lasse für den Politiker Robra einen Testballon steigen. Unsinn, widerspricht der Absender der E-Mail - er sei weder von seinem Bruder noch von seinem Dekan vorgeschickt worden. In der Sache bleibt der Leiter des Instituts für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie bei seiner Einschätzung: "Sachsen-Anhalt hat fast doppelt so viele Universitätsbetten wie im Bundesschnitt, aber weniger als 40 Prozent der Investitionsmittel." Da könne jeder selbst eins und eins zusammenzählen.

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Robra schlägt vor, dass sich Halle künftig ausschließlich um die Ausbildung von Allgemeinmedizinern kümmert, Schwerpunkte wie die Onkologie hätten dort keine Zukunft. Dass seine E-Mail an einen Kollegen öffentlich weitergereicht wird, missfällt ihm - dennoch bleibt er dabei: "Als Forscher darf ich nicht nur nachdenken, ich muss nachdenken."

Der Dekan der Medizinischen Fakultät Magdeburg versucht mittlerweile, die öffentliche Debatte einzudämmen. Ob das Land dauerhaft zwei Unikliniken erhalten kann, möchte Hermann-Josef Rothkötter lieber nicht beantworten. Lösungen ließen sich nur in vertraulichen Gesprächen zwischen dem Land und den beiden Standorten finden, teilt er mit. Der Verhandlungsprozess gehöre "zur Zeit nicht in die Öffentlichkeit".