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Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) spricht im Volksstimme-Interview über den Strompreis und Ausnahmen für die Industrie "Wir stellen Vorranggebiete für Windparks auf den Prüfstand"

16.10.2013, 01:15

Volksstimme: Herr Ministerpräsident, Strom wird schon wieder teurer. Sie hatten bereits mehrfach vorgeschlagen, die Stromsteuer zu senken oder gar auszusetzen. Erneuern Sie jetzt Ihre Forderung?

Reiner Haseloff: Zunächst stelle ich erleichtert fest, dass der Anstieg dieses Jahr etwas geringer ausfällt, als zunächst befürchtet. Das zeigt, dass die voriges Jahr beschlossene Zubau-Obergrenze für Solarstrom- anlagen schon preisdämpfend wirkt. Aber es stimmt: Die Strompreise sind in den vergangenen Jahren stark nach oben geklettert. Wo steuerliche Spielräume sind, ist jetzt vor anstehenden Koalitionsverhandlungen völlig offen. Ich meine, wir müssen die Steuern auf Strom deckeln. Denn: In den vergangenen Jahren sind die EEG-Umlagen deutlicher als erwartet gestiegen - und somit automatisch die Mehrwertsteuereinnahmen, die ja noch obendrauf kommen. Das sind zusätzliche, so nicht erwartete Gelder, worüber sich Finanzminister freuen. Das heißt aber auch: Der Staat fährt Extra-Profite ein, während Privathaushalte und kleinere Firmen zugleich immer höher belastet werden. Das sollten wir entkoppeln.

Volksstimme: Die Industrie zahlt geringere oder keine Umlagen. Manche fordern, diese Ausnahmen abzuschaffen, um so den Preis für Haushalte zu senken.

Haseloff: Man kann die Ausnahmen gern prüfen - darf aber nicht kurzsichtig handeln. Schon jetzt halten sich Unternehmen der Chemiebranche mit Neuinvestitionen wegen der hohen Energiepreise in Deutschland zurück und schauen nach Asien oder Amerika. Das trifft auch Sachsen-Anhalt. Wir dürfen unsere industrielle Basis nicht schwächen.

"Wir müssen Hausdämmung nicht subventionieren."

Volksstimme: Die Netzentgelte sind im Osten höher als im Westen. Ist das gerecht?

Haseloff: Nein. Wir fordern daher, dass die Kosten für den Netzausbau aufs ganze Land umgelegt werden - so wie das bei den Wind-Offshoreparks in der Nordsee auch gemacht wird. Wir haben im Osten mit vielen Windparks die Energiewende schließlich vorangetrieben. Das ist eine nationale Aufgabe, deren Kosten von allen gleichermaßen getragen werden muss. Zudem sollten künftig die Ökostromerzeuger an den Netzkosten beteiligt werden. Denn es ist sehr aufwändig und teuer, den weit draußen auf den Äckern produzierten Windstrom zu den Verbrauchern zu transportieren. Eine Kostenbeteiligung wäre eine weitere Möglichkeit, Preise zu dämpfen.

Volksstimme: War es falsch, so große Windparks etwa in der dünn besiedelten Altmark zu genehmigen?

Haseloff: Wenn wir die Energiewende hinkriegen wollen, brauchen wir viele Anlagen - und die können nicht alle genau neben Magdeburg oder Halle stehen. Die Vorranggebiete sind erstmal gesetzt und jeder Investor genießt Rechtssicherheit. Aber natürlich stellen wir für die Zukunft auch Gebiete auf den Prüfstand. Das wird gerade im Wirtschaftsministerium getan, das ein neues Energiekonzept entwickelt.

Volksstimme: Nicht allein Strom, auch das Heizen wird immer teurer. Wird es eine Abwrackprämie für alte Heizungen geben?

Haseloff: Ich denke, wir müssen Heizungsmodernisierung und Hausdämmung jetzt nicht subventionieren. Die Öl- und Gaspreise sind hoch - die Zinsen aber sehr niedrig. Das bedeutet, das sich selbst eine kreditfinanzierte Modernisierung schon nach einigen Jahren für jeden bezahlt macht, weil er dadurch eine Menge Öl oder Gas spart. Diese günstige Situation sollten wir nutzen. Die Banken sind gefordert, über neue Finanzprodukte einen Investitionsschub auszulösen. Die Politik kann einen Beitrag leisten, indem sie schärfere Grenzwerte setzt. Einen ersten Schritt ging der Bundesrat vorige Woche: Heizungen, die 30 Jahre und älter sind, müssen ausgewechselt werden.

(Mit Reiner Haseloff sprach Volksstimme-Redakteur Jens Schmidt)