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Möllrings Konzept zu Hochschulkürzungen erstaunt Rektoren / Studenten belagern Ministerauto Plötzlich sind es wieder 50 Millionen Euro

Von Michael Bock 08.11.2013, 02:06

Merseburg l Der Streit um Kürzungen bei den Hochschulen geht in die nächste Runde: Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) will weiter 50 Millionen Euro einsparen. Die Rektoren sprechen von Fantasiezahlen.

Möllring stellte den Rektoren am Donnerstag in Merseburg seinen 28-seitigen Entwurf für die Hochschulstrukturplanung vor. Vor allem ein Satz in dem Grobkonzept erregte in der zweieinhalbstündigen Debatte die Gemüter: "Die aktuellen Planungen gehen entsprechend dem Kabinettsbeschluss vom 2. Juli 2013 davon aus, die angestrebte Budgetabschmelzung von 50 Millionen Euro aus den Budgetanteilen des Einzelplans 06 - Hochschulen einschließlich Medizinische Fakultäten - aufbringen zu müssen."

"Das ist völlig unrealistisch und inzwischen durch politische Entscheidungen überholt", sagte der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz, Armin Willingmann. "Wir waren eigentlich weiter." Schließlich habe Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die zunächst diskutierte Schließung einer der beiden Uni-Kliniken im Land für sakrosant erklärt und sich auch zum Erhalt aller Hochschul-Standorte bekannt. Damit sei das 50-Millionen-Euro-Sparziel nicht mehr erreichbar.

Ausgangspunkt der neu entflammten Debatte ist ein Beschluss der Landesregierung, bis zum Jahr 2025 den Etat der Hochschulen schrittweise um 50 Millionen Euro zu kürzen . Allerdings: Zuletzt war davon keine Rede mehr gewesen. Erst im vergangenen Monat strich der Wissenschaftsausschuss des Landtages diese Summe aus dem Haushaltsentwurf.

Und nach Verhandlungen der Rektoren mit Wissenschaftsstaatssekretär Marco Tullner (CDU) im Oktober war von deutlich weniger Kürzungen die Rede. Der Rektor der Magdeburger Universität, Jens Strackeljan, sagte, ein "realistischer Kompromiss" könne bei acht bis zehn Millionen Euro Einsparungen liegen. Aus der Landesregierung gab es dazu keine Dementis.

Minister Möllring sagte gestern: "Die 50 Millionen Euro stehen in dem Papier, weil das Kabinett sie beschlossen hat. Dieser Beschluss ist formal nicht aufgehoben worden." Aber: "Man sollte niemals nie sagen."

Im Konzept wird indirekt sogar eingeräumt, dass die 50-Millionen-Euro-Kürzung eigentlich gar nicht erbracht werden kann. In dem Papier ist zu lesen: "Um die im Kabinettsbeschluss festgelegte Einsparsumme aus dem Hochschuletat zu entnehmen, wäre ein Abbau von Studienplätzen um etwa 10.000 erforderlich." An anderer Stelle wird auf die "Maßgabe" von Landtag und Landesregierung verwiesen, dass eine aktive Reduzierung der Zahl der Studienplätze (derzeit 34.000) oder der Studierenden nicht zu betreiben sei.

Kritisch sieht Willingmann auch einen weiteren Punkt des Grobkonzepts, wonach Möllring die Finanzierung von Studiengängen künftig an Qualitätskriterien knüpfen will. Er schlägt vor, dass Land und Hochschulen etwa vereinbaren, wie viele Studienanfänger und Absolventen ein Studiengang haben soll. "Liegen die Bewertungen eines Studiengangs drei Jahre hintereinander unter dem zwischen Land und Hochschulen vereinbarten Wert, wird der Studiengang grundsätzlich eingestellt", heißt es im Konzept. "Eine Weiterführung ist grundsätzlich nur mit Ministererlaubnis möglich."

Extreme Proteste von Studenten erlebte Möllring, als er nach dem Treffen den Merseburger Campus verlassen wollte. Laut Mitteldeutscher Zeitung belagerten gut 800 Studenten minutenlang seinen Dienstwagen. Zudem wurde aus einem Reifen die Luft gelassen.

Die Landesrektorenkonferenz positioniert sich am 28. November zum Möllring-Konzept.