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Neue Details zur Bestechungsaffäre Finzelberg dringend tatverdächtig

Für Falschaussagen ist Landrat Lothar Finzelberg am Mittwoch zu neun
Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. In einem Prozess wegen
Bestechlichkeit könnte es deutlich schlimmer für ihn ausgehen. Neue
Hinweise erhärten die Vorwürfe gegen Finzelberg.

23.01.2014, 01:23

Magdeburg l Bereits im Jahr 2010 hat die Staatsanwaltschaft Stendal ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil Finzelberg für Genehmigung von Müll-Lagerstätten die Hand aufgehalten haben soll. Der Landrat des Jerichower Landes hat diesen Vorwurf bisher stets zurückgewiesen. "Ich kann versichern, dass alle Anschuldigungen gegen mich haltlos sind", hatte er im Juni 2010 erklärt. Zu einer Anklage war es bislang nicht gekommen.

Doch der Volksstimme vorliegende Gerichtsunterlagen belegen, dass die Staatsanwälte auf der richtigen Spur zu sein scheint. Sowohl das Amtsgericht Stendal als auch das Landgericht Magdeburg kommen zum Schluss, dass sich der Tatverdacht wegen Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall verdichtet hat. Mindestens 210.000 Euro soll Finzelberg kassiert haben. Anlass der gerichtlichen Einschätzung ist ein Vorgang aus dem Juni 2010: Das Amtsgericht Stendal hatte damals verfügt, dass Finzelberg diese 210.000 Euro zu hinterlegen habe, damit die Ansprüche des Staates gesichert werden. Um die Pfändung seiner Konten und des Gehalts abzuwehren, hat sich Finzelberg die Summe privat geliehen.

Nun will der Landrat das Geld von der Justiz schnellstens zurück - weil sich der Schuldvorwurf seiner Meinung nach bisher nicht bestätigt hat. Sowohl das Amtsgericht Stendal als auch das Landgericht Magdeburg haben Finzelbergs Beschwerde wegen des dringenden Tatverdachts jedoch abgelehnt.

Die Gerichte verweisen auf die Auswertung von Unterlagen des Landkreises, überwachte Telefonate sowie auf mehrere belastende Zeugenaussagen. Dies ist neu: Bislang war immer nur von einem Kronzeugen die Rede gewesen.

Erstmals finden sich in den Unterlagen auch Hinweise auf ein Motiv Finzelbergs. Die finanzielle Situation des Landrats sei zu den Tatzeiten schwierig gewesen, sein Geldbedarf hoch. Häufige Überziehungen seines Dispo-Rahmens habe er mit Bargeldeinzahlungen und Kreditaufnahmen ausgeglichen. Für Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall sieht das Strafgesetzbuch bis zu zehn Jahre Haft vor.

In den Tongruben Möckern und Vehlitz (Jerichower Land) sind zwischen 2005 und 2008 mehr als 1,2 Millionen Tonnen hausmüllähnliche Gewerbeabfälle illegal abgelagert worden. Zur Gefahrenabwehr musste das Land Sachsen-Anhalt seitdem mehr als 13 Millionen Euro aufwenden.