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Müllskandal im Jerichower Land Landgericht schmettert Müllklage ab

Das Landgericht Stendal hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die
Betreiber der Tongrube Vehlitz überraschend abgelehnt. Begründung: Es
gibt keinen hinreichenden Tatverdacht für unerlaubten Umgang mit
Abfällen.

17.04.2015, 01:25

Magdeburg l Sieben Jahre nach Bekanntwerden des Müllskandals in Sachsen-Anhalt zieht sich dessen Aufarbeitung weiter hin. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat das Landgericht Stendal bereits am 27. März die Eröffnung des Hauptverfahrens zum Tontagebau Vehlitz abgelehnt.

Diese Volksstimme-Informationen bestätigte eine Gerichtssprecherin am gestrigen Donnerstag. Die Kammer gehe davon aus, "dass die verfüllten Abfälle der Sonderbetriebsplanzulassung vom 5. März 2004 entsprachen beziehungsweise sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit wird feststellen lassen, dass darunter auch Abfälle waren, die nicht genehmigt waren", sagte sie auf Anfrage. Auch ein vorsätzliches Handeln der Angeschuldigten hinsichtlich der Verfüllung nicht genehmigter Abfälle lasse sich nicht nachweisen.

Die Staatsanwaltschaft Stendal hat Beschwerde gegen den Nichteröffnungsbeschluss eingelegt, wollte sich auf Anfrage der Volksstimme gestern jedoch nicht dazu äußern. Sie hatte bereits im Januar 2014 Anklage erhoben. Die Akten füllten damals 200 Umzugskartons und mussten mit einem 7,5-Tonner-Lkw ins Landgericht Stendal gebracht werden. Sieben Beschuldigte sollten sich dort wegen des unerlaubten Umgangs mit Abfällen oder Beihilfe dazu verantworten. Zwischen 2005 und 2008 sollen in der Tongrube Vehlitz (Jerichower Land) mindestens 900.000 Tonnen hausmüllähnliche Gewerbeabfälle illegal verfüllt worden sein.

Die damalige Betreiberfirma, Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern, hat das stets bestritten und auf entsprechende Genehmigungen des Landesamtes für Bergbau und Geologie verwiesen. Doch um diese Genehmigungen gab es bereits im Frühjahr 2008 einen heftigen Streit.

Das Haus der damaligen Umweltministerin Petra Wernicke (CDU) wollte schon im Herbst 2007 in der Tongrube Vehlitz "Stoffe gefunden haben, die da nicht hingehören". Wernicke hatte daraufhin das Bergamt und den damals zuständigen Wirtschaftsminister und heutigen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) informiert und sein Haus aufgefordert, diese Praxis zu beenden. Das Wirtschaftsministerium hat darauf nicht reagiert. Haseloff sagte später, die leitenden Beamten hätten diesen Vorgang falsch interpretiert und die "Brisanz" nicht erkannt.

Als dann im März 2008 das ZDF-Magazin "Frontal 21" über den Müllskandal in Sachsen-Anhalt berichtete, entzog Haseloff dem Grubenbetreiber sofort die Genehmigung. Dieser wehrte sich dagegen - und bekam vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg Recht. Auf dieses Urteil stützte sich nun auch das Landgericht Stendal. Die erteilte Genehmigung des Bergamts und die Müllverbringung waren offenbar rechtens.

Anders sieht die Lage in der Tongrube Möckern aus. Dazu hat das Landgericht Stendal die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen. Das Verfahren beginnt im September.