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IBG-Affäre Ministerium räumt "schweres Versäumnis" ein

Von Michael Bock 14.07.2015, 02:59

Magdeburg l Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll alle Beteiligungen der landeseigenen IBG an Unternehmen der "Schlossgruppe Neugattersleben" unter die Lupe nehmen. Geprüft werden sollen die Jahre 2008 bis 2014. Das teilte das Wirtschaftsministerium auf Volksstimme-Anfrage mit. Hintergrund ist, dass Unternehmen aus dem Firmenreich des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Klaas Hübner (SPD) auch IBG-Fördergelder erhielten, als sie längst nicht mehr förderfähig waren.

In dieser Angelegenheit dreht sich alles um den sogenannten KMU-Status der Schlossgruppe-Unternehmen. IBG-Fördergelder dürfen nach den Beteiligungsgrundsätzen nur kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) bekommen. Aber: Die Firmengruppe "Schlossgruppe Neugattersleben" hat den KMU-Status schon vor Jahren verloren. Die Investitionsbank (IB) Sachsen-Anhalt, die zentrale Förderbank des Landes also, hatte auf Volksstimme-Anfrage erklärt: "Der KMU-Status für die Firmengruppe ,Schloss Neugattersleben` wurde im Haus der Investitionsbank bereits ab April 2009 nicht mehr anerkannt."

Das Finanzministerium bestätigte, dass die Steuerverwaltung den Unternehmen der Schlossgruppe sogar bereits ab dem 1. Januar 2008 den KMU-Status aberkannt habe. Die dafür erforderlichen Kriterien seien "infolge der Zusammenrechnung der Unternehmen des Konzerns überschritten" worden. Dennoch beteiligte sich die IBG an Unternehmen der "Schlossgruppe Neugattersleben". Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums erfolgten allein im Jahr 2008 Auszahlungen an acht Unternehmen in Höhe von 18 Millionen Euro. Der IBG-Beteiligungsausschuss gab dafür grünes Licht. Auch in den Folgejahren beteiligte sich die IBG mit Millionen-Beträgen an Schlossgruppe-Unternehmen.

Informationen nicht weitergegeben

Das Wirtschaftsministerium räumte auf Volksstimme-Anfrage schriftlich ein, dass die Investitionsbank einem Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums bereits am 17. Juli 2008 zur "KMU-Fähigkeit der Unternehmensgruppe Hübner" mitgeteilt habe, dass der "KMU-Status für die Gruppe (= alle verbundenen Unternehmen) ... nicht mehr gegeben" sei. Der Mitarbeiter habe allerdings diese Information der IB innerhalb des Ministeriums nicht weitergegeben.

Auch die Informationen der Steuerverwaltung versandeten: "Über die Aberkennung des KMU-Status durch die Finanzverwaltung war das Wirtschaftsministerium bis zum Bekanntwerden der Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofes vom 23. Juni 2015 nicht informiert." Drei Jahre zuvor waren mit IBG-Beteiligungen von 5,25 Millionen Euro die Unternehmen der Schlossgruppe vor einer drohenden Insolvenz bewahrt worden. Auffällig: Während die IBG die Schlossgruppe als "klein- und mittelständisch" einordnete, tat dies die auch in Landesbesitz befindliche Investitionsbank nicht. Sie gewährte der Schlossgruppe ein Darlehen über fünf Millionen Euro - aus ihrem Portfolio für Großunternehmen.

Das Wirtschaftsministerium macht heute dafür das eigene Fachreferat verantwortlich: "Der nicht erfolgte Hinweis auf die divergierende Einstufung von IB und IBG ist ein schweres Versäumnis."