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Falschgeld Ermittler durchkreuzen Camorra-Plan

Nach dem Einsatz von Sondereinheiten und einem verdeckten Ermittler steht seit Donnerstag ein 40-Jähriger aus Magdeburg vor Gericht. Für ihn soll in Neapel gedrucktes Falschgeld bestimmt gewesen sein, das er angeblich verkaufen wollte.

Von Matthias Fricke 17.07.2015, 02:59

Magdeburg l Mit einer gezündeten Blendgranate stürmt am 13. April dieses Jahres ein Spezialeinsatzkommando die Wohnung des 40-jährigen Ukrainers Mark F. im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld. Der Mann wird festgenommen, mehr als drei Kilogramm Marihuana werden beschlagnahmt. Es ist das Ende einer mehrmonatigen Polizei-Operation mit dem Einsatz von Vertrauenspersonen, einem verdeckten Ermittler, Observationsteams und einem Sondereinsatzkommando.

Staatsanwalt Frank Baschleben wirft dem Angeklagten in dem am Donnerstag eröffneten Prozess vor, Falschgeld in den Verkehr und mit Marihuana im Umfang von insgesamt fünf Kilogramm gehandelt zu haben. Auf letzteres stießen die Ermittler nebenbei.

Größter Falschgeld-Fall in Sachsen-Anhalt

Auf die Spur kamen Sachsen-Anhalts LKA-Ermittler dem Angeklagten nach der Festnahme der Italiener Francesco C. (67) und seinem Sohn Salvatore C. (42). Die Neapolitaner waren am 7. April 2014 in Schönebeck festgenommen worden, nachdem sie aus Neapel druckfrische 20- und 50-Euro-Falschgeldnoten im Wert von 40.000 Euro als Paket erhalten haben. Es ist der größte Falschgeld-Fall der letzten Jahre in Sachsen-Anhalt. Eingewickelt waren die Blüten in eine aktuelle Ausgabe der "Cronache di Napoli", einer Tageszeitung aus Neapel. Das Gebiet ist bekannt für die Fälscherwerkstätten des Mafia-Clans Camorra.

Zwei Tage vor Ankunft der Lieferung in Schönebeck, so die Anklage, habe der Ukrainer von Salvatore C. die SMS erhalten "Montag bin ich bei dir. Ich komme mit alle..." Das ging aus der Telefon-Überwachung der Hamburger Polizei hervor, die den Italienern schon länger auf der Spur war. Beide wurden bereits im November 2014 zu Freiheitsstrafen in Hamburg verurteilt.
Das LKA Sachsen-Anhalt setzte an dieser Stelle an, um die Vertriebsstrukturen für das Falschgeld offenzulegen. Dabei stießen sie auf den Angeklagten Mark F.

Angeklagter bietet erst Falschgeld, dann Drogen an

Es ist bereits das zweite Treffen mit dem verdeckten Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen-Anhalt in der Wohnung des Angeklagten in Stadtfeld. Der Beamte, der im Gerichtsverfahren nur "Micha" genannt wird, erhält vom Angeklagten laut Staatsanwaltschaft Anfang Oktober einen falschen 50-Euro-Schein. Es soll eine Probe für die kommende Lieferung sein. Angeblich könne er falsche Banknoten im Nennwert von 10000 Euro liefern.

Auch eine zweite Lieferung stellt Mark F. in Aussicht. "Micha" zeigt sich interessiert. Sein vorgesetzter LKA-Ermittler sagt vor Gericht aus: "Wir sind davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte eine neue Quelle erschlossen hat, nachdem ihm die beiden Italiener wegbrachen."

Zudem haben sogenannte Vertrauenspersonen davon berichtet, dass auch ihnen Falschgeld und Drogen angeboten wurden. Diese Kontakte aus der Szene sollen vom Gericht, wie der verdeckte Ermittler auch, unter besonderen Schutzmaßnahmen noch vernommen werden. Möglich ist dabei eine Audiovernehmung mit verzerrter Stimme.

Ende Oktober vergangenen Jahres treffen sich "Micha" und der Angeklagte dann erneut, doch der Ukrainer spricht laut Staatsanwaltschaft von "Lieferschwierigkeiten". Der Falschgeld-Deal platzt. Dafür verkauft Mark F. dem Polizisten erneut einige hundert Gramm Marihuana. Staatsanwalt Frank Baschleben: "Insgesamt wurden mehr als fünf Kilogramm beschlagnahmt." Auch am 25. Februar soll es zu einem sogenannten Scheinkauf von 800 Gramm gekommen sein.

Die größte Drogenlieferung erfolgt aber kurz vor der Festnahme von Mark F. am 13. April dieses Jahres. Ein Mobiles Einsatzkommando des Landeskriminalamtes observiert den Angeklagten rund um die Uhr. An jenem Tag liefert der noch gesondert verfolgte Sven B. vier Kilogramm Marihuana in einer Reisetasche. Als der Lieferant den Hauseingang verlässt, greift das Sondereinsatzkommando zu. Auch die Wohnung des Angeklagten wird durchsucht und die Tasche sichergestellt. Mehrere Schreckschusspistolen und ein Messer finden die Beamten ebenfalls. Seit der Festnahme ist der Angeklagte in Untersuchungshaft. Mit einem Urteil wird Mitte August gerechnet.

In Sachsen-Anhalt gab es im vergangenen Jahr einen sprunghaften Anstieg von sichergestellten Banknoten, so LKA-Sprecher Andreas von Koß. Im ersten Halbjahr 2015 ist dies aber stark rückläufig.