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Umsatzsteuer Firmen fürchten unfaire Konkurrenz

Der Bundestag will öffentliche Unternehmen teilweise von der Umsatzsteuer befreien.

02.08.2015, 18:16

Magdeburg l Jan Paul ist Geschäftsführer einer Garten- und Landschaftsbaufirma mit 55 Beschäftigten in Dessau. Mit der Stadt, erzählt er, hat er seit Jahren ein gutes Verhältnis. Paul bekommt auch regelmäßig Aufträge von ihr, etwa für die Pflege von Grünflächen. Doch damit könnte es bald vorbei sein, fürchtet der Unternehmer.

Der Bundestag arbeitet an einer Änderung der Umsatzsteuer-Regelungen. Kommunale Betriebe sollen teilweise von der Steuer in Höhe von 19 Prozent befreit werden. In welchen Bereichen das geschehen soll, ist noch offen. Unternehmer Jan Paul fürchtet, dass die Stadt Dessau künftig einen städtischen Betrieb mit der Pflege von Grünflächen beauftragen könnte, weil für diesen die Umsatzsteuer im Zweifelsfall wegfallen würde.

"Ich dagegen kann als Privatunternehmer nicht mal eben die Preise um 19 Prozent senken", erklärt Paul. Er wirft der Politik Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Kommunen und ihrer Eigenbetriebe vor. Gegen die Neuregelung der Steuer begehren mehrere Verbände auf, unter anderem auch der Baugewerbeverband Sachsen-Anhalt.

Baugewerbe fürchtet um Aufträge

"Wenn die Befreiung von der Umsatzsteuer kommt, können die Kommunen ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten über ihre Eigenbetriebe ausbauen und so mehr Einnahmen für ihre leeren Kassen erzielen", erklärt Verbandsgeschäftsführer Giso Töpfer. Verlierer wären die privaten Firmen, die Aufträge verlieren würden.

Der Baugewerbeverband vertritt 400 private Unternehmen in Sachsen-Anhalt, darunter Maurer, Fliesenleger und Tiefbaufirmen. Töpfer schätzt, dass zehn Prozent der Aufträge, die die Unternehmen derzeit erhalten, von den Städten und Gemeinden stammen. Neben den Baufirmen könnten aber auch IT-Unternehmen betroffen sein. Würde die Umsatzsteuer fallen, könnte es für Kommunen Sinn haben, die eigenen Computer in den Ämtern nicht mehr von privaten Firmen, sondern von Eigenbetrieben warten zu lassen.

Zuletzt hat sich der Finanzausschuss des Bundestages im Rahmen einer Anhörung mit der Änderung der Umsatzsteuerregelungen befasst. Viele Ausschussmitglieder machen derzeit Urlaub, sind für Anfragen nicht erreichbar.

Lediglich der bayerische Grünen-Politiker Thomas Gambke nimmt Stellung. Nach derzeitigem Stand, erklärt er, müssen sich private Unternehmen nicht allzu große Sorgen machen. Auch künftig sollen kommunale Betriebe Umsatzsteuer berechnen, wenn sie im Wettbewerb mit privaten Firmen stehen.

Lediglich Leistungen, die Kommunen untereinander anbieten, sollen von der Umsatzsteuer befreit werden. "Es gibt Kommunen, die keine eigene Sporthalle haben und daher die Halle der Nachbarkommune mitnutzen. Für die Mitnutzung soll künftig keine Umsatzsteuer mehr abführen." Gleiches gelte auch für kooperierende Krankenhäuser.

Thomas Gambke räumt allerdings auch ein, dass es schwer ist, im Gesetz festzuschreiben, ab wann eine Umsatzbesteuerung gerechtfertigt ist. Laut dem Grünen-Politiker arbeiten die Referenten der Bundestagsfraktionen aller Parteien derzeit noch am Gesetzestext. Gambke geht davon aus, dass sich der Bundestag dann frühestens im September wieder mit der Umsatzsteuer beschäftigen wird.