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SPD will frecher werden Wahlkampf: Wie viel kuscheln ist erlaubt?

03.02.2011, 04:28

Von Michael Bock

Magdeburg. Am morgigen Freitag werden sich SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn (48) und der aus dem Amt scheidende Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (75, CDU) im Mansfelder Land noch einmal zu einer lockeren Plauderstunde treffen. Beim "Neujahrsempfang des SPD-Ortsvereins" im Kulturhaus Ahlsdorf werden sie die zurückliegenden Jahre Revue passieren lassen und einen Blick nach vorn wagen. In Bullerjahns Heimat gibt es hausgemachte Erbsensuppe, Mansfelder Fettbemmen, Bier vom Fass – und ganz bestimmt eine große Portion Harmonie.

Böhmer und Bullerjahn schätzen sich sehr. Den respektvollen Umgang miteinander pflegen sie auch jetzt, knapp sieben Wochen vor der Landtagswahl. Böhmer hat bereits öffentlich erklärt, er werde "keinen Wahlkampf" gegen Bullerjahn machen. Schließlich dürfe man "Demokratie nicht wie einen Boxkampf zelebrieren". Und, so Böhmer: "Für das Land wäre es das Beste, wenn die jetzige Koalition fortgeführt würde." Bullerjahn wird mit den Worten zitiert: "Ich halte nichts davon, fast fünf Jahre lang gut miteinander zu arbeiten und dann den Leuten etwas vorzumachen und Krawall zu schlagen."

Prima-Klima-Klub

Angesichts nach wie vor schlechter Umfragewerte (zuletzt 22 Prozent) ist die SPD jetzt aber bemüht, das Prima-Klima-Klub-Image abzuschütteln. Die SPD will frecher werden. Zuviel Eintracht, so die Befürchtung von Parteistrategen, könnte im Wahlkampf narkotisierend wirken und der Mobilisierung der eigenen Wählerschaft entgegenwirken.

Und so kündigte Bullerjahn beim Neujahrsempfang des SPD-Landesverbandes am Dienstagabend an, dass er ab der nächsten Woche ganz andere Saiten aufziehen und den Schmusekurs beenden werde. Er rief den rund 500 Gästen des Empfangs zu: "Dann stehen wir ganz klar für das, was die SPD allein will. Wir werden uns nicht abducken. Dann werden die Ärmel hochgekrempelt und der Blick geschärft."

Eine erste Kampfansage hatte Bullerjahn bereits in der vorigen Woche gemacht, als er sehr selbstbewusst den Anspruch der SPD auf das Kultusministerium erhoben und mit dem Kirchenmann Stephan Dorgerloh auch den aus seiner Sicht geeigneten Ministerkandidaten präsentiert hatte. Der Koalitionspartner CDU fühlte sich provoziert und schaltete seinerseits die Abteilung Attacke ein.

Kuschelwahlkampf?

Bullerjahn, der vergleichsweise hohe Beliebtheitswerte hat, warnte die Sozialdemokraten beim Neujahrempfang vor Selbstzweifeln. Er sagte: "Wir lassen uns nicht verrückt machen. Viele waren vor Monaten noch skeptisch, doch jetzt kommt langsam Drive rein. Ich glaube fest daran, dass die Sozialdemokratie das Ding bis zum 20. März (das ist der Tag der Landtagswahl, d. Red.) noch umbiegen kann." Die SPD wolle die Landtagswahl gewinnen. Bullerjahn: "Leute, das müssen wir auch wollen, das müssen wir vorleben."

Auch Fraktions- und Landeschefin Katrin Budde warnte beim Neujahrsempfang davor, dass der Eindruck entstehen könnte, im Landtagswahlkampf werde nur mit Wattebällchen geworfen. Wahlkrampf statt Wahlkampf? Die Vermutung, dass in Sachsen-Anhalt der "Kuschelwahlkampf" ausgerufen worden sei, "ist natürlich Unsinn", sagte Budde. "Kuschelig darf es gern heute Abend werden", erklärte sie launig. "Der Wahlkampf wird es mit Sicherheit nicht!"

Egal wie. Beim SPD-Neujahrsempfang war CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff jedenfalls gern gesehener Gast. Er und Bullerjahn kommen recht gut miteinander aus. Vor einer Woche waren die Spitzenkandidaten bei einem Show-Kochen erstmals direkt aufeinandergetroffen – und hatten sich gegenseitig mit Nettigkeiten überhäuft. So richtig heiß war bei dieser Veranstaltung nur das Fett in der Pfanne ...