1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Atomkraftgegner lehnen Röttgens Dialog-Angebot ab

Bundesumweltminister sprach gestern vor dem Kreistag in Hitzacker Atomkraftgegner lehnen Röttgens Dialog-Angebot ab

Von Holger Thiel 15.02.2011, 04:32

Hitzacker. "Im Herbst 2010 Fakten schaffen, dann das Schwiegermutterlächeln aufsetzen und hier einen Dialog zu verkünden – das ist schief, das ist eine Farce": Carsten Niemann aus Ritzleben (Altmarkkreis Salzwedel) war gestern einer von 80 Landwirten, die mit ihren Schleppern nach Hitzacker fuhren. Dort stellte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) seinen geplanten Dialog mit dem Wendland zu den Erkundungsarbeiten am möglichen Atommüll-Endlager Gorleben vor.

Der Bundesumweltminister will das Wendland bei den Entscheidungen zu Gorleben mit einbeziehen. Paritätisch besetzte Gremien sollen den Dialog mit den Endlagergremien sicherstellen. Zugleich versprach Röttgen, dass die Erkundung am Gorlebener Salzstock, die im vergangenen Herbst nach einem zehnjährigen Moratorium wieder aufgenommen wurden, ergebnisoffen seien. Röttgen gab dafür sogar eine Garantieerklärung ab. "Sollte sich Gorleben als ungeeignet zeigen, wird es dort kein Endlager geben", betonte der Bundesumweltminister, der gestern drei Mal vor den Kreistag von Lüchow-Dannenberg in Hitzacker trat und immer wieder von Pfiffen und Zwischenrufen der Atomkraftgegner unterbrochen wurde. Zugleich versprach Norbert Röttgen, dass es während der Erkundungsphase keine Enteignungen von Grundstücksbesitzern geben soll. Nur: CDU und FDP haben die Möglichkeit von Enteignungen jetzt im Atomgesetz festgeschrieben.

Der Kreistag von Lüchow-Dannenberg lehnte das DialogAngebot von Röttgen mehrheitlich ab – bis auf die CDU-Fraktion. Der Dialog komme zu spät, hieß es gestern. So seien im "Herbst der Entscheidungen" im vergangenen Jahr mit dem Auslaufen des Erkundungsstopps und der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke Tatsachen geschaffen worden. "Ihr Angebot ist scheinheilig", erklärte Elke Mundhenk, Fraktionschefin der Grünen. "Sie sind 34 Jahre zu spät", stellte Peter Dehde, Fraktionsvorsitzender der SPD, fest. Denn seit 1977 werde politisch auf Gorleben gesetzt, seien bereits rund 1,5 Milliarden Euro in die Erkundung investiert worden. Obwohl bekannt sei, dass Gorleben niemals erste Wahl war, dass es im Salzstock Laugeneinschlüsse gibt, sich das altmärkische Erdgasfeld bis unter den Salzstock erstreckt und ein schützendes Deckgebirge fehlt. "Gorleben ist verbrannt", sagte FDP-Fraktionschef Boris-Georg Freiherr von der Bussche.

Landwirt Carsten Niemann, der seine 240 Hektar Land in der Altmark ökologisch bewirtschaftet, sieht nur einen Weg, den seit 30 Jahren schwelenden Konflikt im nur 20 Kilometer entfernten Gorleben zu beenden: "Die Erkundungsarbeiten in Gorleben müssen sofort beendet werden und es muss eine echte, transparente Standortsuche in der gesamten Bundesrepublik geben." Eine Sicht, die viele Wendländer teilen.

Offen ist, ob und wann der von Röttgen vorgeschlagene Dialog auch wirklich einsetzt, wann die neuen Gremien besetzt werden. Einen Zeitplan nannte der Bundesumweltminister gestern nicht. Er kündigte aber an, dass es nicht sein letzter Besuch im Wendland war. Dass ein schwerer Weg vor ihm liegt, war Röttgen gestern durchaus bewusst. Nicht ohne Grund sagte er gestern zu den protestierenden Wendländern: "Ich erwarte heute von Ihnen keine Antwort."