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R wie Reformation Die Reformation geht von Zerbst aus

Sachsen-Anhalt feiert 2012 ein Jubiläum: 800 Jahre Anhalt. Die Region hat eine bewegte Vergangenheit. Diesmal geht‘s um „R wie Reformation“.

Von Antje Rohm 03.11.2011, 04:26

Zerbst l Die Reformation setzt im deutschen Reich zu einer Zeit des politischen und kulturellen Umbruchs ein. Die Zentralgewalt wird zugunsten stärkerer Einflussnahme durch die Territorien und Stände geschwächt. Diese Situation erleichtert die Ausbreitung der Reformation.
Die Stadt Zerbst erlebt im 14. und 15. Jahrhundert eine wirtschaftliche Blüte. Brauwesen und Export, Gemüse- und Ackeranbau, prosperierendes Innungswesen sowie elbnahe Lage begünstigen den Markt- und Handelsverkehr. Es gibt mit St. Bartholomäi, St. Nicolai und St. Marien im Ankuhn drei große Kirchen sowie das Franziskaner-, das Augustiner- und das Benediktinerinnenkloster. Zahlreiche Altäre und Vikarien sind gestiftet worden. Altäre sind der wichtigste Teil der Kirche, da hier vom Priester die eucharistische Feier vollzogen wird. An diesen sogenannten Nebenaltären liest der Altarist unter Ausschluss der Gemeinde eine Messe. Dies wird von Luther in der Reformationszeit als schädlich verworfen. Die Aufgabe der Altaristen bestehe nur darin, ausschließlich die Messe am Altar zu lesen.
Ende des 15. Jahrhunderts mehren sich in Zerbst die Klagen der Bürger bei Landesherr und Bischof, dass die Kleriker ihren Gemeindeaufgaben nicht mehr genügend nachkommen. Besondere Missstimmung gibt es auch über durchreisende Bettelmönche, denen der Rat der Stadt den Aufenthalt verbietet. Differenzen im Zusammenleben von Stadt und Klöstern machen die Bürger aufnahmebereit für die innerkirchliche Kritik und die religiöse Rückbesinnung auf das Evangelium.
Am 18. Mai 1522 predigt Luther im Augustinerkloster Zerbst vor seinen Ordensbrüdern. Wenige Tage später predigt er erneut in Zerbst und wird vom Rat der Stadt im Schützenhaus bewirtet. Zerbst bekennt sich als erste Stadt nach Wittenberg zur Reformation.
1523 gibt es in Zerbst den ersten evangelischen Pfarrer Anhalts. Ab 1578 werden alle anhaltischen Pfarrer in Zerbst ordiniert.
In Anhalt zeichnen sich die Fürsten Wolfgang von Anhalt- Köthen und Georg III. von Anhalt-Dessau durch ihre Aufgeschlossenheit und persönliche Bekanntschaft mit den Reformatoren Luther und Melanchthon bei der Einführung der Reformation aus. Fürst Wolfgang war 1529 Mitunterzeichner der Protestation zu Speyer, eines wesentlichen Gründungsdokumentes der Reformation. Und 1534 wurde unter Fürst Georg III., den Luther für frommer als sich selbst hielt, auch in Anhalt-Dessau das "Abendmahl in beiderlei Gestalt" an alle Gläubigen gereicht - also mit Brot und Wein. Damit ist das gesamte Fürstentum Anhalt evangelisch und ist im Jahrhundert der Reformation eindeutig lutherisch geprägt.
1606 tritt Anhalt jedoch geschlossen zur reformierten Konfession über. Das Fürstentum Anhalt-Zerbst kehrt 1644 als erstes zum lutherischen Bekenntnis zurück. Damit existierten in Anhalt beide evangelischen Konfessionen. In Zerbst, wo auch der Rat in Lutheraner und Reformierte gespalten ist, gibt es einen Streit um die Nutzung der reformiert gebliebenen St. Nicolaikirche. Beendet wird er mit dem Neubau der 1696 geweihten St. Trinitatiskirche.
Woltrecks Unionsdenkmal von 1827 erinnert in St. Nicolai an die später wieder vollzogene Vereinigung der Konfessionen.
Die Serie ist komplett im Internet nachlesbar, auch die Rätselbeteiligung dort möglich: www.volksstimme.de/anhalt