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Welches Hörgerät ist für wen geeignet ? Bei nachlassendem Gehör möglichst bald zum Arzt

Von Uwe Seidenfaden 11.12.2009, 05:52

Das Hören verbindet Menschen. Wer zunehmend schwerhörig wird, verliert oftmals auch das Interesse an Gesprächen und der Musik. Damit das nachlassende Hörvermögen nicht in die soziale Isolation führt, sind eine frühzeitige Diagnostik beim HNO-Arzt und eine rechtzeitige, an die individuellen Bedürfnisse angepasste, medizinische Versorgung wichtig.

Magdeburg. Gutes Sehen und Hören bis ins hohe Alter ist leider nur wenigen Menschen vergönnt. Unterschiede gibt es im Umgang mit beiden Altersschwächen. Während die meisten Menschen kein ästhetisches Problem damit haben, eine Brille zu tragen, gelten Hörhilfen bei manchen Bürgern noch immer als Inbegriff des Altseins, ähnlich wie das Laufen am Krückstock. Viele Menschen mit Hörschwächen schieben die operativen oder medizinisch-technischen Möglichkeiten der Hilfe auf später hinaus.

Das ist keine gute Entscheidung, meint Professor Dr. Christoph Arens von der Magdeburger HNO-Universitätsklinik. Je länger eine Hörschwäche besteht, desto stärker gewöhnt sich das Gehirn nämlich an die verzerrten Sinneswahrnehmungen. Wenn nach vielen Jahren die Hörschwäche endlich korrigiert wird, kann der plötzliche Sinnesgewinn durchaus als störend empfunden werden. Das Gehirn bekommt Probleme, sich an die hinzugewonnenen Höreindrücke zu gewöhnen. Deshalb der Rat : bei nachlassender Hörleistung besser gleich zum HNO-Arzt.

Der Mediziner kann feststellen, welche Ursachen der Hörverlust hat. Manchmal ist das lediglich ein Ohrpfropf, den der HNO-Arzt ambulant entfernen kann. Ein anderes Mal sind es entzündliche Erkrankungen, die mit Medikamenten zu heilen sind. Gar nicht so selten sind es auch angeborene oder degenerative Erkrankungen, die eine operative Behandlung oder den Einsatz von Hörhilfen erfordern.

Welches Hörgerät im Einzelfall geeignet ist, richtet sich unter anderem nach dem Hörvermögen, der Form der Ohren und den persönlichen Bedürfnissen. Je nach Sitz und Verankerung wird zwischen verschiedenen Varianten unterschieden.

. Im-Ohr-Geräte ( IOs ) : Sie sitzen vollständig im Gehörgang oder in der Ohrmuschel. Sie sind nur so groß wie ein Daumennagel und enthalten die ganze Technik. Die Miniaturisierung hat allerdings ihre Grenzen. Bei hochgradigen Hörverlusten helfen IOs nicht, denn sie liefern nicht genug Verstärkerleistung. IOs sind auch für Kinder ungeeignet, weil deren Ohrmuschel noch wächst, sagt Frau Oberärztin Dr. Dorothea Rostalski. Auch Menschen, die häufig unter Ohrentzündungen leiden oder die wegen Rheumas nicht sehr fingerfertig sind, ist eher von den IOs abzuraten.

. Hinter-dem-Ohr-Geräte ( HdOs ) : Wie der Name sagt, werden sie hinter der Ohrmuschel getragen. Der von einem Mini-Mikrofon aufgenommene Schall wird über einen kleinen Schlauch in die Ohrmuschel geleitet.

. Knochenverankerte Hörgeräte ( BAHA ) : Sie erfordern einen operativen Eingriff. Dazu zählen die sogenannten BAHAs. Sie kommen zum Beispiel bei Patienten nach Mittelohrschädigungen als Folge von Entzündungen oder nach operativen Eingriffen zum Einsatz, sofern ein Verschluss des Gehörgangs unmöglich ist.

Mit BAHAs wird der Schall direkt vom Knochen auf die Hörschnecke übertragen. Das Hörgerät wird dazu auf einer hinter dem Ohr im Schädelknochen verankerten Schraube oder auf einem Magnetklip angebracht.

. Voll- und teilimplantierbare Hörhilfen : Je nach Art und Umfang der anatomischen Veränderungen im Bereich des Mittel- beziehungsweise des Innenohres können sie individuell angepasst werden ( siehe Grafik ). Nach den Erfahrungen der HNO-Ärzte am Magdeburger Uniklinikum kommen die voll- oder teilimplantierbaren Hörgeräte insbesondere für jene Menschen in Betracht, die bereits mit einer angeborenen Mittelohrschwäche geboren wurden, und deren Hörvermögen sich bis in das frühe Erwachsenenalter deutlich verschlechtert.

Beide Ohren müssen gut hören können

" Bei beidseitiger Schwerhörigkeit sollten auch beide Ohren mit Hörhilfen versorgt werden ", rät Oberärztin Dr. Rostalski. Die Krankenkassen erstatten finanzielle Standardbeiträge. Diese decken die grundlegenden Kosten für Geräte mit Analog-Technik ab, nicht jedoch die neueren, digitalen Hörgeräteentwicklungen, die das Sprachverständnis bei Hintergrundgeräuschen deutlich verbessern.

Moderne Hörhilfen können inzwischen auch bei der Bewältigung von Phantomgeräuschen ( Tinnitus ) helfen. Die Mehrkosten der digitalen Hörgeräte und Tinnitus-Maskierer sind oftmals aus eigener Tasche zu bezahlen. Eine Beratung beim HNO-Arzt und Hörgeräteakustiker ist zu empfehlen.