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Volksstimme-Telefonforum Auch psychische Gewalt ist ein Grund, ins Frauenhaus zu gehen

22.07.2009, 05:02

Auskunft zum Thema häusliche Gewalt gaben gestern am Volksstimme-Telefon Marion Zeiger vom Frauenhaus Magdeburg, Lissy Herrmann von der Magdeburger Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking, Ines Kriegel von Wildwasser Magdeburg, der Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt, und René Lampe von der Täterberatungsstelle Pro Mann vom Deutschen Familienverband. Anja Hintze notierte Fragen und Antworten.

Frage : Ein Familienmitglied terrorisiert unsere gesamte Familie, es gibt gewalttätige Übergriffe, so dass wir schon mehrfach die Polizei holen mussten, die einen Platzverweis erteilte. Was können wir tun ?

Antwort : Es ist möglich, nach dem Gewaltschutzgesetz beim zuständigen Amtsgericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Dadurch kann der betreffenden Person zum Beispiel untersagt werden, sich zu nähern oder in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. Verstöße gegen die einstweilige Verfügung sind strafbar.

Frage : Wann und unter welchen Umständen kann ich ein Frauenhaus in Anspruch nehmen ?

Antwort : Zu jeder Tages- und Nachtzeit an 365 Tagen im Jahr. Welche Situation einen Aufnahmewunsch hervorruft, kann jede Frau für sich einschätzen. Nicht erst Schläge oder Verletzungen sind ein Aufnahmegrund. Mitunter genügt eine Bedrohungssituation.

Frage : Wie bin ich in einem Frauenhaus untergebracht ?

Antwort : In persönlich eingerichteten Zimmern, gegebenenfalls mit ihren Kindern bei gemeinsamer Nutzung von Sanitäreinrichtungen und Küchen, vergleichbar mit einer Wohngemeinschaft. Sie leben völlig selbständig und unabhängig.

Frage : Meine Kinder haben gesehen, wie mein Mann mich geschlagen hat. Wie werden sie im Frauenhaus betreut ?

Antwort : Den Kindern steht eine Erzieherin zur Seite, mit der sie ihre Erlebnisse besprechen können. Sie begleitet die Kinder zur Schule oder in den Kindergarten und bietet Freizeitaktivitäten an. Die Erzieherin kann psychologische Hilfe leisten.

Frage : Was kostet die Unterbringung in einem Frauenhaus ?

Antwort : Bei Empfängerinnen von ALG II oder anderen geringen Einkommen können die Kosten der Unterkunft vom Jobcenter übernommen werden. Bei höheren Einkommen betragen die Kosten in Magdeburg vier Euro für eine Frau und einen Euro für ein Kind pro Tag. Die Kosten sind aber in den Frauenhäusern unterschiedlich.

Frage : Wie lange darf ich im Frauenhaus bleiben ?

Antwort : Bis die persönliche Perspektive umfassend geklärt ist. Dabei stehen ihnen Sozialpädagoginnen zur Seite.

Frage : Wohin können sich von häuslicher Gewalt Betroffene wenden, um Hilfe zu bekommen ?

Antwort : In Akutsituationen sollte die Polizei unter 110 gerufen werden. Die Polizei kann auch direkt den Kontakt zum zuständigen Frauenhaus herstellen. Die Beratung in den Interventionsstellen kann jederzeit von betroffenen Frauen und Männern genutzt werden.

Frage : Kann ich mich auch in die Beratung begeben, wenn ich keine körperliche Gewalt erfahre ?

Antwort : Häusliche Gewalt drückt sich nicht nur in körperlichen Gewalthandlungen aus. Dazu gehört auch, gedemütigt, angebrüllt, bedroht, eingesperrt, finanziell unterdrückt, sozial isoliert oder verfolgt zu werden. Wenn Sie vor Ihrem Partner Angst haben, wenden Sie sich an die Interventionsstelle.

Frage : Welche Art von Hilfe kann die Interventionsstelle bieten ?

Antwort : Zeitnahe und ortsungebundene Beratung, Begleitung und Information – auf Wunsch auch anonym.

Frage : Wo finden Männer Unterstützung, die von ihren Frauen geschlagen werden ?

Frage : Die Interventionsstellen beraten auch männliche Betroffene.

Frage : Wie gehe ich bei einem Verdacht mit sexuellem Missbrauch um ?

Antwort : Verschließen Sie sich nicht und seien Sie offen, wenn die Betroffene das Gespräch sucht. Wenden Sie sich an eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe, um über den Hintergrund des Verdachts zu sprechen und gemeinsam einen Handlungsbedarf abzustimmen. Verweisen sie die Betroffene auf Hilfemöglichkeiten und begleiten Sie sie gegebenenfalls in eine Beratungsstelle.

Frage : Wird die Situation der Betroffenen dem Jugendamt gemeldet ? Ist die Beratungsstelle meldepflichtig ?

Antwort : Nein, die Mitarbeiterinnen unterliegen der Schweigepflicht. Eine Zusammenarbeit mit dem Jugendamt erfolgt nur nach Rücksprache und Einwilligung der Betroffenen.

Frage : Mein Kind hat sexuelle Gewalt erlebt. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Kann ich als Mutter auch Beratung in Anspruch nehmen ?

Antwort : Ja, " Wildwasser " berät auch Mütter und andere Bezugspersonen und klärt sie über Folgen und Hilfemöglichkeiten bei sexueller Gewalt auf.

Frage : Ist die Beratung für Mütter kostenpflichtig ? Wie lange dauert sie ?

Antwort : Die Beratung kostet nichts. Wie lange sie dauert, wird im Einzelfall entschieden.

Frage : Mein Mann wird im Streit regelmäßig handgreiflich. Hinterher tut es ihm leid. Ich möchte mich trotzdem auf keinen Fall von ihm trennen. Was kann er tun, damit es nicht mehr zu Handgreiflichkeiten kommt ?

Antwort : Wir empfehlen Ihnen die Beratungsstelle Pro Mann in Magdeburg. Dort werden in einem Einzelgespräch seine Situation und seine Probleme analysiert. Im weiteren Beratungsverlauf erlernt er konkrete Strategien, um in Konfliktsituationen zukünftig Gewalt zu vermeiden. Die Anonymität bleibt gewahrt.

Frage : Ich möchte meine Gewalt-Probleme nicht in einer Gruppe mit anderen Männern schildern. Sind Einzelgespräche möglich ?

Antwort : Alle Beratungen bei Pro Mann finden in Einzelgesprächen statt. Wer Interesse an einer Gesprächsgruppe hat, findet auch diese.

Frage : Ich habe vom Magdeburger Männerfrühstück gehört. Was passiert dort ?

Antwort : Das Männerfrühstück wird an jedem ersten Freitag im Monat von 9 bis 11 Uhr im ehemaligen Bürgerstübchen ( Weststraße 12 ) angeboten. Es dient dem zwanglosen Austausch.