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Volksstimme-Telefonforum zu Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht Die Ehe ersetzt keine Vollmacht

29.10.2008, 05:00

Auskunft zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gaben gestern am Volksstimme-Telefon die Notare Elke Raasch, El Pfennigsdorf, Kristofer Temming und Joachim Schneider-Slowig von der Notarkammer Sachsen-Anhalt. Hier eine Auswahl von Fragen und Antworten.

Frage: Welche Form muss eine Vorsorgevollmacht haben?

Antwort: Gesetzliche Formvorschriften für Vollmachten und Verfügungen gibt es nicht. Auch eine handschriftlich erstellte Vollmacht ist gültig. Allerdings ist zu bedenken, dass der Nachweis der Echtheit der Unterschrift bei einer handschriftlichen Vollmacht nicht gegeben ist. Dies kann dazu führen, dass handschriftliche Vollmachten bei Banken und Behörden nicht anerkannt werden und im Ernstfall nicht ihre Wirkung entfalten. Für Verfügungen über Grundstücke ist eine notariell beurkundete Vollmacht erforderlich.

Frage: Wen kann ich in einer Vorsorgevollmacht benennen?

Antwort: Die durch Sie bevollmächtigte Person sollte eine Person Ihres Vertrauens sein, denn sie nimmt weitreichende Rechte für Sie wahr. Gibt es eine solche Person nicht, können Sie in einer sogenannten Betreuungsverfügung festlegen, wen das Gericht im Ernstfall als Betreuer für Sie bestellen soll.

Frage: Kann ich mehrere Personen bevollmächtigen?

Antwort: Ja, das ist möglich. Dabei sollte einiges beachtet werden. So sollte festgelegt werden, ob jeder einzeln oder alle nur gemeinsam handeln können – was die Handhabbarkeit einschränken kann. Man kann bei mehreren Bevollmächtigten auch jedem andere Tätigkeiten zuweisen. Lassen Sie sich zu den Formulierungen bei einem Notar beraten.

Frage: Ich bin verheiratet. Brauche ich eine Vorsorgevollmacht?

Antwort: Ja. Die Ehe als solche ersetzt keine Vollmacht. Der Ehepartner ist nicht der gesetzliche Vertreter des anderen Ehepartners.

Frage: Was passiert, wenn ich keine Vorsorgevollmacht habe?

Antwort: Für den Fall Ihrer Handlungsunfähigkeit ist das Vormundschaftsgericht gehalten, einen Betreuer für Sie zu bestellen. Die Betreuung kann sich je nach Einzelfall auf alle oder einzelne Teilbereiche erstrecken wie Finanz- und Vermögensverwaltung, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, ärztliche Heilbehandlung, Wohnungsau ösung, Renten- und Behördenangelegenheiten. Die Tätigkeit des Betreuers unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Das Betreuungsverfahren löst bei Gericht Gebühren aus. Zusätzlich kann auch der Betreuer seine Kosten und Auslagen abrechnen.

Frage: Wo kann ich mich beraten lassen, beim Anwalt oder Notar?

Antwort: Beide Rechtsberufe beraten Sie zu Vorsorgevollmachten. Beurkunden jedoch darf nur der Notar. Seine Beratung ist in der Beurkundungsgebühr enthalten.

Frage: Welchen Vorteil hat es, eine Vorsorgevollmacht beim Notar beurkunden zu lassen und was kostet das?

Antwort: Die notarielle Beurkundung bietet Ihnen zahlreiche Vorteile: Der Notar prüft Ihre Geschäftsfähigkeit und vermerkt dies in der Urkunde. Aus diesem Grund kann jeder darauf vertrauen, dass der Vollmachtgeber weiß, was er tut. Der Notar bringt nach einem ausgiebigen Gespräch mit dem Vollmachtgeber dessen Willen juristisch zweifelsfrei und auf den Einzelfall zugeschnitten zu Papier. Die notarielle Urkunde wird im Rechtsverkehr uneingeschränkt anerkannt, sie kann bei Verlust neu erstellt werden, auch wenn der Vollmachtgeber zwischenzeitlich geschäftsunfähig geworden ist.

Die Kosten für die Beurkundung beim Notar sind gesetzlich vorgegeben und richten sich nach Ihrem Vermögen. Bei einem Vermögenswert von 50 000 Euro kostet die Beurkundung zirka 70 Euro, beträgt der Vermögenswert 100 000 Euro, zahlen Sie zirka 120 Euro. Für eine getrennt beurkundete Patientenverfügung zahlen Sie unabhängig vom Vermögen zirka 30 Euro. Hinzu kommen jeweils noch Auslagen und Mehrwertsteuer.

Frage: Wie stelle ich sicher, dass meine Vorsorgevollmacht im Ernstfall gefunden wird und nicht ein Betreuer bestellt wird?

Antwort: Es gibt die Möglichkeit, Ihre Vorsorgevollmacht gegen eine geringe Gebühr zu registrieren. Dafür ist bei der Bundesnotarkammer ein Zentrales Vorsorgeregister auf gesetzlicher Grundlage eingerichtet worden. Die Bundesnotarkammer informiert auf Anfrage das Vormundschaftsgericht über eine vorhandene Vollmacht, so dass die Anordnung einer Betreuung vermieden wird. Auf Wunsch erhalten Sie beim Notar einen Ausweis im Scheckkartenformat, den Sie als Nachweis der Registrierung immer bei sich tragen können. Weitere Informationen erhalten Sie unter der Adresse: Bundesnotarkammer, Zentrales Vorsorgeregister, Kronenstraße 42, 10117 Berlin, Telefon (018 05) 35 50 50 (0,12 Euro je Minute), E-Mail info@vorsorgeregister.de, und im Internet unter www.bnotk.de

Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung?

Antwort: In einer Patientenverfügung halten Sie fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen. Ihr in einer Patientenverfügung festgehaltener Wille ist eine Anweisung an den behandelnden Arzt. Mit der Vorsorgevollmacht erteilen Sie einer Person Ihres Vertrauens Handlungsvollmacht. Die von Ihnen bevollmächtigte Person hat der Patientenverfügung beim Arzt Geltung zu verschaffen. Darüber hinaus hat er die Aufgaben zu erfüllen, die sonst einem vom Gericht eingesetzten Betreuer obliegen.

Frage: Ich habe im Internet Vordrucke für Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen gefunden. Kann ich diese verwenden?

Antwort: Bei der Mehrheit der Formulare ist von deren Verwendung abzuraten. Ein Vordruck kann nicht den individuellen Fall abdecken.

Frage: In welchem Alter soll man eine Vollmacht schreiben?

Antwort: Jeder Volljährige sollte nach umfassender Beratung eine Vorsorgevollmacht erstellen. Dies ist keine Frage des Alters, junge Menschen sind besonders aktiv.

Frage: Ich habe vor fünf Jahren beim Notar eine Vorsorgevollmacht beurkundet. Muss ich diese in bestimmten Abständen erneuern?

Antwort: Nein, eine Vollmacht gilt solange, bis sie widerrufen wird. Es schadet aber nicht, wenn sie in angemessenen Abständen bestätigt wird.

Frage: Ich habe in meinem Testament aufgenommen, dass mein Sohn mich vertreten soll. Ist das ausreichend?

Antwort: Nein, in einem Testament wird die Erbfolge geregelt. Es wird erst nach dem Tod eröffnet. Regelungen, die zu Lebzeiten greifen sollen, halten Sie in einer Vorsorgevollmacht fest.

Frage: Mein Vater ist an Alzheimer erkrankt. Ich habe keine Vollmacht. Kann ich für meinen Vater handeln?

Antwort: Bei einem solchen Krankheitsbild ist es oftmals zu spät. Wenn die Geschäftsfähigkeit nicht gegeben ist, kann keine Vorsorgevollmacht mehr errichtet werden. Sie können möglicherweise durch das Vormundschaftsgericht zum Betreuer bestellt werden und sind dann dem Gericht gegenüber rechenschaftsp ichtig.

Frage: Muss der von mir Bevollmächtigte auch beim Notar anwesend sein?

Antwort: Das ist nicht erforderlich. Sie sollten aber mit dem Bevollmächtigten vorher darüber sprechen, ob er diese Aufgabe wahrnehmen will.