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Abgase Sauberer, aber nicht rein

Sachsen-Anhalts Luft ist sauberer geworden, doch die Belastung mit Stickoxiden ist immer noch grenzwertig.

Von Jens Schmidt 06.10.2015, 01:01

Magdeburg l Weniger Ruß, Schwefel und andere Atemgifte – auch 2014 setzte sich der Trend zu einer besseren Luft fort, sagt Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) bei Vorlage des aktuellen Immissionsschutzberichts am Montag in Magdeburg. Beim Feinstaub gab es wetterbedingt ein leichtes Plus. Mehr Sorgen macht den Umweltfachleuten aber die Belastung mit Stickoxiden. Die ging im Landesmittel zwar um zwei Prozent zurück, in den verkehrsreichen Innenstadtlagen sieht es allerdings trübe aus.

In Halle wurde der Grenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter um 20 Prozent überschritten. In Halberstadt (Friedenstraße) und Magdeburg (Ernst-Reuter-Allee) wurde die rote Linie mit 39 bis 40 Mikrogramm angekratzt. Zwar gingen mit Errichtung der Umweltzonen ab 2010 und der Erneuerung der Fahrzeugflotte die Werte schon etwas zurück, doch insgesamt gesehen ist Aeikens damit noch nicht zufrieden. Stickoxide sind gesundheitsschädlich. „Daran sterben viele Leute.“

Im Fokus stehen dabei vor allem die Dieselfahrzeuge. „Wir brauchen Prüfverfahren, die sich deutlich stärker an den realen Verbräuchen orientieren“, sagte er. In der EU werde gerade daran gearbeitet. Der aktuelle Abgasskandal bei VW bringe noch mehr Bewegung in die Angelegenheit.

Diesel stoßen im Mittel deutlich mehr dieser Stickoxide aus als Benziner. Bei einem Selbstzünder der Euro-4-Norm etwa liegt der Grenzwert bei 250 Milligramm je Kilometer. Bei einem Euro-4-Benziner sind es 80 Milligramm. Diesen niedrigen Wert erreichen Dieselautos erst ab der Euro-6-Norm. Seit 1. September ist diese für alle neu zugelassenen Autos vorgeschrieben. Benziner müssen nun sogar das Limit von 60 Milligramm Stickoxid je Kilometer einhalten. Zwischen Vorschrift und Wirklichkeit klaffen aber offenbar deutliche Lücken. Aktuelles Beispiel: TÜV und ADAC testeten im Auftrag der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg drei Dieselautos mit Euro-6-Abgasreinigung im Alltagsbetrieb. Den Grenzwert von 80 Milligramm erreichte keiner der drei Mittelklassewagen. Er wurde deutlich überschritten, zum Teil um das achtfache. Die gemessenen Mittelwerte lagen bei 130 bis 676 Milligramm. Vor allem durch das im Stadtverkehr typische häufige Anfahren und Beschleunigen stiegen die Werte deutlich an, stellten die Tester fest. Langsameres Fahren, etwa mit Tempo 30 oder 40, halfen hingen nicht, die Stickoxidwerte zu mindern.

„Mit den strengeren Euro-5 und Euro-6 Normen hatten wir uns deutlich stärkere Effekte versprochen“, räumt Klaus Rehda ein, der Sachsen-Anhalts Landesumweltamt leitet. Doch die auf dem Papier stehenden Normen würden in Wirklichkeit meistens nicht erreicht. „Das ist das Hauptproblem.“ Da im Westen der Dieselanteil höher liegt als im Osten Deutschlands, sei die Belastung in Städten wie Stuttgart noch höher als in den Ballungsräumen Sachsen-Anhalts.