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Waffenschein Sachsen-Anhalter rüsten auf

Die Zahl der Sachsen-Anhalter mit Kleinem Waffenschein ist gestiegen. Händler berichten schon vom Ausverkauf der Pfefferspays.

Von Matthias Fricke 25.01.2016, 00:01

Magdeburg l Die Schönebeckerin Renate Reinicke arbeitet in einem Sport- und Jagdausstatter im Salzlandkreis: „Unser Pfefferspray ist bereits ausverkauft. Die Nachfrage ist extrem angestiegen. Wir warten jeden Tag auf Nachlieferung.“ Fast alle ihrer Kunden würden gestiegene Angst als Grund für den Kauf angeben. „Wir verweisen zwar darauf, dass das nur zur Tierabwehr erlaubt ist, doch am Ende haben wir darauf ja keinen Einfluss“, sagt sie.

Ihr Kollege Jörg Wethke aus Stendal hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Bei uns ist das Pfefferspray nahezu ausverkauft. Die ganze Palette an Verteidigungswaffen ist gefragt.“ Selbst das Geschäft mit den 100 bis 200 Euro teuren Schreckschusswaffen läuft.

Die Flüchtlingskrise, die Terroranschläge in Istanbul und Paris sowie die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln verunsichern offensichtlich immer mehr. Die Folge ist eine Aufrüstung, die selbst Roland Zobel vom Verband deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler in Marburg überrascht: „Wenn das so weitergeht, wird es überall zu Engpässen bei den Selbstschutzmitteln kommen.“

Es gebe schon jetzt Lieferschwierigkeiten mit Wartezeiten von fünf bis zehn Wochen. Einige Produkte seien sogar schon so ausverkauft, dass sie erst nachproduziert werden müssen.

Besonders gefragt seien Pfefferspray und Schreckschusswaffen. Aber auch der Schrillalarm sei zurzeit der Renner. Um genau Aufschluss über das veränderte Konsumverhalten in Deutschland zu bekommen, hat der Verband eine Studie in Auftrag gegeben, die für Anfang Februar erwartet wird.

Infografik: Nach Silvester: Interesse an
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Da für Schreckschusswaffen ein Kleiner Waffenschein benötigt wird, stieg die Nachfrage in Sachsen-Anhalt auf einen Rekord. Während der Bestand im Land noch 2013 bei 3928 offiziellen Anmeldungen lag, waren es im Dezember schon 4778. Michael Kraska, Sprecher im Innenministerium: „Es ist wahrnehmbar, dass der Anteil jener Personen steigt, die sich mit einer Schreckschusswaffe sicherer fühlen.“

Bei der Polizei in Magdeburg, als zuständige Waffenbehörde für die Landeshauptstadt, zeichnet sich nach den Silvesterereignissen in Köln eine drastische Entwicklung ab. Allein in den ersten zwei Wochen dieses Jahres sind mit 49 Kleinen Waffenscheinen mehr als die Hälfte des gesamten Vorjahres (84 Anträge) beantragt worden. Im Jahr 2014 waren es nur elf. In der Waffenbehörde selbst, so Polizeisprecher Marc Becher, werde immer der gleiche Grund von den Antragstellern genannt – zum Selbstschutz. „Wir führen aufklärende Gespräche, dass es besser ist, auf Alarmgeber zurückzugreifen“, so Becher. Meist ohne Erfolg.

Abwehrwaffen würden ein falsches Sicherheitsgefühl geben. Er stuft sie für die Nutzer deshalb als gefährlich ein. „Bei stark betrunkenen oder unter Drogeneinfluss stehenden Angreifern wirkt der Reizstoff oft gar nicht. Im Freien bei Gegenwind und in engen Räumen könnte die Sprühwolke sogar den Verteidiger treffen“, sagt er. Aus diesem Grund gebe es keine Waffen, die zu empfehlen sind.

Auch bei den Regionalbereichsbeamten im Bereich der Polizeidirektion Nord gibt es verstärkt Anfragen zur Sicherung von Eigentum. „Vor allem ist der Schutz von Eigenheimen gefragt“, so Becher. Der Trend gehe weiter nach oben.