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Grüne Woche Luther in aller Munde

Wurst so weit das Auge reicht, es riecht betörend nach Geräuchertem. Der Duft steigt in die Nase. Und der Kopf empfiehlt: Dringend kosten.

Von Massimo Rogacki 21.01.2017, 00:01

Berlin l Erika Nagel lacht. Sie weiß, dass es schwer ist, an ihrem Stand vorbeizugehen. „Eigentlich sind wir für unseren Elbwurm bekannt, aber auf der Grünen Woche gehen Mettbrötchen am besten“, sagt die Chefin von „Nagels Landwurst“ aus Tryppehna (Landkreis Jerichower Land).

Nagel ist eine von 85 Ausstellern in der Sachsen-Anhalt-Halle der diesjährigen Grünen Woche. Im vergangenen Jahr hat sie an ihrem Stand sage und schreibe 16.000 Mettbrötchen-Hälften verkauft. Ein lohnendes Geschäft. „Wir wollen aber nicht nur verkaufen. Wir wollen mit unserem Messeauftritt natürlich bundesweit bekannter werden“, sagt die Herrin über das Wurstsortiment und lächelt.

Bekannter werden – das ist ganz im Sinne von Jörg Bühnemann, dem Geschäftsführer der Agrarmarketinggesellschaft (AMG) Sachsen-Anhalt. „Für die Ernährungswirtschaft in unserem Bundesland ist die Grüne Woche extrem wichtig“, bekennt der Marketingprofi. „Mit der Messe können wir sowohl Imagepflege betreiben als auch neue Kanäle erschließen.“

Deshalb präsentieren sich in den Messehallen in Berlin auch nicht nur Unternehmen der Ernährungswirtschaft. Neben landwirtschaftlichen Direktvermarktern und Kleinproduzenten sind auch 16 Unternehmen aus dem Bereich Touristik vertreten. Dass die Messe wichtig für das Land ist, unterstreicht zudem die Größe des Auftritts: „Sachsen-Anhalt ist traditionell neben Bayern und Brandenburg am stärksten vertreten. Darauf sind wir stolz“, sagt Jörg Bühnemann.

Die Vorzüge der Grünen Woche weiß seit Jahren auch die Firma „Halberstädter“ zu schätzen. Pünktlich zum Messeauftritt präsentiert Marketingleiter Markus Prause ein neues Etikett auf seinen Würstchengläsern. Neu ist der markante Goldrand. „Wir wollen uns heller und frischer präsentieren, aber trotzdem unsere Tradition betonen“, sagt Prause. Am Stand der Würstchen- und Konservenfabrik herrscht in jedem Fall reger Betrieb. Jost Naumann, verkleidet als rotbäckiger Weingott Bacchus, und normalerweise das Aushängeschild vom Stand der Winzervereinigung Saale-Unstrut, spült sein Würstchen mit einem großen Schluck Weißwein aus der Region herunter. Scheint zu schmecken, der Gott des Rausches macht ein zufriedenes Gesicht. Ein freundliches Antlitz aufgesetzt hat auch das Ehepaar Thielecke, ihres Zeichens die „Brockenbauer“ aus Tanne (Landkreis Harz). „Natürlich sind wir gutgelaunt, ist ja Messe“, sagt Züchter Uwe Thielecke.

Mehrfach ausgezeichnet wurde das von ihnen gezüchtete Harzer Rote Höhenvieh, eine vom Aussterben bedrohte Rinderrasse. Einige Stände weiter kann der Grüne-Woche-Besucher die Wurst herunterspülen. „Ein Gläschen Storchenbiss gefällig“, fragt Bernhard Stöhr. Die Obstbrennerei Kullmann & Sohn ist ebenfalls nicht zum ersten Mal auf der großen Verbrauchermesse. Der Betrieb aus der „Storchenhochburg“ Loburg hat aber mehr als den beliebten Kräuterlikör im Sortiment. Neu im Regal ist ein Wodka. Abgefüllt in eine modern designte Flasche: „The Juniper 45“ heißt er und ist neben dem derzeit angesagten „Gin 45“ einer der Renner des Herstellers. Der neue Wodka werde beim momentan x-ten Cocktail-Revival stark nachgefragt, so Stöhr.

Ein Revival hat Kathi Kuchen nicht nötig. „Wir sind in diesem Jahr zum 27. Mal auf der Messe“, sagt der Geschäftsführer des Traditionsunternehmens, Marco Thiele. Seit der Wende sei Kathi bestrebt, in den alten Bundesländern bekannter zu werden. Bei den Verbrauchern auf der Messe kommt gerade der Kirsch-Kleckselkuchen super an. Zwei Frauen ziehen mit zwei Tüten, prall gefüllt mit Kuchenmischungen, von dannen. Denn zum 500. Reformationsjubiläum möchte fast jeder seinen Teil vom Kuchen abhaben. Von Reformationssalami bis Luther-Käse, der Reformator ist auf der Grünen Woche in aller Munde. Dazu passt auch die opulent geschmückte Blumenhalle. Das Motto hier: „Das Paradies ist überall“, ein Zitat Luthers.

Wer jetzt Appetit bekommen hat, kann sich noch bis zum 28. Februar selbst zu einer Tour durch die Messehallen aufmachen. Die Auswahl in der Sachsen-Anhalt-Halle 23b ist riesig. Und wenn der Magen streikt. Der eine oder andere Kräuter zwischendurch kann hilfreich sein.