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Abordnungen Personal-Gezerre um Förderschulen

An Grund- und Förderschulen gärt es. Überraschend wurden in Sachsen-Anhalt Pädagogische Mitarbeiter an andere Einrichtungen verschoben.

Von Hagen Eichler 24.09.2016, 01:01

Magdeburg l Die Abordnungen reißen die Pädagogischen Mitarbeiter aus dem laufenden Schuljahr heraus und verpflanzen sie an andere Schulen. Die Betroffenen wurden mit nur wenigen Tagen Vorlauf informiert. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) ist mittlerweile unterwegs, um mit wütenden und verzweifelten Mitarbeitern zu sprechen.

Etwa in Magdeburg: An die Förderschule „Makarenko“ wurden acht Mitarbeiter abgeordnet, um dort den Unterricht mit entwicklungsgestörten Kindern zu unterstützen, darunter Autisten und Psychiatrie-Patienten.

Ausgebildet sind sie jedoch für anderes: Bislang arbeiteten sie in Tangerhütte mit Körperbehinderten und Blinden. „Bei uns fließen jeden Tag Tränen, weil wir nicht wissen, wie wir mit diesen Schülern umgehen sollen. Wenn die uns mit Eicheln bewerfen und beschimpfen, sind wir hilflos“, schildert Ute Sagrodnik bei einem Besuch des Ministers. 38 Jahre habe sie mit Blinden gearbeitet. „Und dann wurden wir innerhalb von anderthalb Wochen an diese Schule geworfen.“

Tullner bedauerte die Kurzfristigkeit der Planung. „So eine Hauruck- und Feuerwehraktion wollen wir nicht noch einmal“, sagte er den Mitarbeitern. „Ich kann mich nur entschuldigen, da wollen wir besser werden.“ Die Neuzuteilung an sich verteidigte Tullner hingegen – die Pädagogischen Mitarbeiter seien jetzt dort eingesetzt, wo sie am dringendsten benötigt würden.

In Sachsen-Anhalt gibt es deutlich mehr dieser Kräfte als in anderen Ländern, viele davon sind ehemalige DDR-Lehrer. Die Zahl sinkt jedoch mit jedem Schuljahr, weil es seit Jahren keine Neueinstellungen mehr gegeben hat. Die Verteilung des Personals auf die Schulen sei willkürlich gewesen, argumentiert Tullner: „Das hat sich überhaupt nicht am Bedarf orientiert.“ Daher seien Abordnungen nötig gewesen.

Verlierer der Reform sind große Behindertenschulen in Tangerhütte, Halle und Dessau sowie Dutzende Grundschulen im ganzen Land. Gewinner sind fast ausschließlich Förderschulen.

Die Makarenkoschule in Magdeburg etwa freut sich über Verstärkung. Sie möchte damit die Betreuung am Nachmittag absichern. „Aber wir brauchen langfristige Lösungen, keine Abordnungen für ein halbes Jahr“, mahnt Schulleiter Jens Meyer. „Es dauert, bis unsere Kinder Vertrauen fassen.“

Tullner will sich mit den Abordnungen Luft verschaffen und hofft, dass ihm der Landtag im Haushaltsplan 100 Neueinstellungen erlaubt. Die Linke hält das für einen Tropfen auf dem heißen Stein. Wegen der vielen altershalber ausscheidenden Mitarbeiter lasse sich so kaum der Stand halten. Die Koalition hat 1800 Vollzeitstellen als Ziel ausgerufen. Aktuell sind es 1500.