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Beraterverträge Neue Ordnung im Ministerium für Wirtschaft

Armin Willingmann ersetzt Jörg Felgner als Minister. Doch wer ist der Neue und wie geht es im Wirtschaftsministerium weiter?

15.11.2016, 17:31

Magdeburg (dpa) l In Sachsen-Anhalts Wirtschaftsministerium wechselt der Chef. Neuer Minister soll Armin Willingmann (SPD) werden. Er löst seinen Parteikollegen Jörg Felgner ab. Der 44-Jährige hatte in den monatelangen Debatten um seine Rolle als Finanz-Staatssekretär bei der undurchsichtigen Vergabe von Berateraufträgen mit Millionen-Volumen den Rückhalt verloren. Trotz der personellen Konsequenzen soll die Aufarbeitung weitergehen. Die SPD will so schnell wie möglich Ex-Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) befragen. Doch auch sonst stellen sich viele Fragen.

Wie geht es im Wirtschaftsministerium weiter?

Der Wechsel soll nahtlos erfolgen. Jörg Felgner soll am Mittwochvormittag seine Entlassungsurkunde bekommen. Um 11.30 Uhr ist die Ernennung seines Nachfolgers Armin Willinmann geplant. Weil Willingmann von der Funktion des Staatssekretärs aufrückt, muss auch hier ein Nachfolger gefunden werden. Die Sozialdemokraten wollen diese Personalie bis Ende des Monats entscheiden. "Uns ist es wichtig, dass es ein gutes Team bleibt", begründete SPD-Landeschef Burkhard Lischka am Dienstag den Zeitplan. Das Ministerium bleibe mit einem Ressortchef und Staatssekretär Thomas Wünsch handlungsfähig.

Wer ist Armin Willingmann?

Der 53-Jährige kommt gebürtig aus Nordrhein-Westfalen und wechselte für eine Professur an der Hochschule Harz 1999 nach Sachsen-Anhalt. Vier Jahre später übernahm der Jurist den Rektorenposten der Einrichtung und behielt ihn bis zum Wechsel als Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium im Frühjahr dieses Jahres. SPD-Landeschef Lischka nannte Willingmann eine "exzellente Persönlichkeit", der auf einen reichen Erfahrungsschatz außerhalb der Politik zurückblicken könne. "Jede Regierung kann froh sein, wenn sie einen solchen Experten in ihren Reihen hat."

Was sagen die anderen zum Personalwechsel?

Wirtschaftsvertreter wie der IHK-Hauptgeschäftsführer Halle-Dessau, Thomas Brockmeier, hatten Felgners Arbeit gelobt und dessen Rücktritt auf der Sachebene bedauert. Der 44-Jährige habe sich in viele Themen reingekniet und sie vorangebracht. Sein Nachfolger Willingmann genießt bei den Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden (AWSA) ebenfalls hohen fachlichen Respekt, wie AWSA-Präsident Klemens Gutmann sagte. Die schnelle Schließung der Lücke halte den Schaden durch den Wechsel für die Wirtschaft gering.

Was wird aus Jörg Felgner?

Felgner hatte nach seiner Ernennung zum Wirtschaftsminister sein Landtagsmandat abgegeben. Ein Wechsel zurück in die Fraktion ist damit versperrt. Zunächst werde sich der 44-Jährige zurückziehen, berichtete SPD-Fraktionschefin Katja Pähle von ihrem letzten Gespräch mit Felgner. Er habe versichert, ohne Groll zu gehen und auch künftig eine aktive Rolle spielen zu wollen. "An seiner Stelle würde ich einen gepflegten Urlaub machen, wenn ich ehrlich bin", sagte Pähle.

Warum musste Felgner gehen?

SPD-Landeschef Lischka stellte noch einmal klar, dass Felgner nicht wegen seiner Arbeit als Wirtschaftsminister zurücktreten musste. "Er hat in den sieben Monaten eine hervorragende Arbeit geleistet und sie mit großem Engagement und viel Herzblut gemacht", attestierte Lischka. Vielmehr geht es um Felgners Rolle als Finanz-Staatssekretär in der Vorgängerregierung. Im Kern drehen sich die Debatten um einen Vertrag über 6,3 Millionen Euro mit der Investitionsbank. Das Geschäft wurde unterschrieben, ohne dass das Parlament beteiligt wurde. Zudem steht der Verdacht im Raum, dass das Geschäft eingefädelt wurde, um dem Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) in Halle den Auftrag zuzuspielen.

Geht die Aufklärung weiter?

Ja. Seit Anfang November ist ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss damit beschäftigt. "Wir werden eine vorbehaltlose Aufklärung unterstützen, unabhängig, um welche Person es sich handelt und welches Parteibuch derjenige hat", sagte Lischka. Das erwarte er ebenso von allen anderen Parteien und Fraktionen – und mit Blick auf alle fragwürdigen Verträge aus allen Ministerien. Die SPD will schnellstmöglich ihren langjährigen Vorsitzenden und Ex-Finanzminister Bullerjahn im U-Ausschuss als Zeugen hören. Es gehe darum, die Vorgänge zu erklären, aufzuklären und anzusprechen. "Das muss auf den Tisch. Der Landesvorstand ist der Meinung, dass all die Fragen nur von Jens Bullerjahn zu beantworten sind."

Der Ausschuss-Vorsitzende Florian Philipp (CDU) begrüßte den Vorstoß. "Das ist ein gangbarer Weg." Bullerjahn müsse als verantwortlicher Finanzminister natürlich gehört werden. Der entsprechende Antrag könne Anfang Dezember bei der nächsten Sitzung gestellt werden. Bullerjahn würde damit erst im kommenden Jahr befragt werden.

Warum wird Bullerjahn erst so spät gefragt?

Bullerjahn hatte sich nach vielen Jahren als Spitzenpolitiker zur Landtagswahl im März aus der aktiven Rolle zurückgezogen. SPD-Chef Lischka hält den U-Ausschuss für ein vernünftiges und demokratisches Instrument, um die Vorgänge aufzuklären. Er könne zwar niemandem verübeln, zunächst über die Zeitung Aufklärung zu betreiben. Der Ausschuss sei jedoch ein gangbarer Weg. Werde Bullerjahn als Zeuge geladen, müsse er kommen. Das Verhältnis der Sozialdemokraten zu Bullerjahn beschrieb Lischka als "tiefenentspannt."