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Betreuungszeiten Land steht vor neuem Kita-Streit

Sachsen-Anhalts Kita-Streit ist wieder entflammt. Da die Kosten durch die Decke schießen, will die CDU den Rechtsanspruch wieder senken.

Von Jens Schmidt 08.08.2016, 01:01

Magdeburg l Sachsen-Anhalts Landeskasse bezuschusst die Kindertagesstätten in diesem Jahr mit 275 Millionen Euro. Auch Landkreise und Gemeinden buttern zu, damit im Land alle Kinder bis zu zehn Stunden an Werktagen betreut werden können. Dennoch wird es auch für Eltern immer teurer. Die monatlichen Beiträge erreichen in der Krippe schon 230 Euro (wie in Stendal) und im Kindergarten um die 180 Euro (wie in Halberstadt).

Die CDU will den Rechtsanspruch daher auf acht Stunden absenken. Nur Kinder erwerbstätiger Eltern sollten noch ein Anrecht auf zehn Stunden haben. „Zehn Stunden für alle ist übertrieben“, hatte CDU-Chef Thomas Webel gesagt.

Eine Aufteilung der Kinder hatte es schon einmal zwischen 2003 und 2011 gegeben. Kita-Träger weisen den CDU-Vorstoß zurück. „Eine Rückkehr zu dieser Stigmatisierung lehnen wir ganz klar ab“, sagt der Sprecher der Diakonie Mitteldeutschland Frieder Weigmann. Der kirchliche Träger betreut in Sachsen-Anhalt 140 Kitas. „Eltern müssen die Wahlfreiheit haben.“ Auch die Linke lehnt eine Einschränkung klar ab, zumal die Kitas dann wieder mit erhöhtem Aufwand den Erwerbsstatus der Eltern dokumentieren müssten.

Die Gemeinden wollen sich hier nicht sonderlich einmischen – sie wollen nur, dass die Landeskasse sie angemessen unterstützt. „Und daran hapert es“, sagt Jürgen Leindecker, Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds. Das Land berechnet seinen Zuschuss an der durchschnittlichen Betreuungszeit – die liegt angeblich bei acht Stunden. Doch tatsächlich liegt sie oft über neun Stunden. Resultat: Das Landesgeld reicht nicht. Eine Erhöhung der Kita-Beiträge steht ins Haus. Diese könnte nach Auffassung der CDU abgemildert werden, wenn der garantierte Anspruch sinkt.

Gemeinden können auch heute schon die Betreuungszeiten absenken: Im Gesetz ist von einem Rechtsanspruch von „bis zu“ zehn Stunden die Rede. Doch von dieser Möglichkeit machen nur einige wenige Kommunen Gebrauch, die meisten Bürgermeister fürchten Ärger und Streit in Gemeinderäten und mit Eltern.

„Wir können über alles reden“, sagte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). „Aber wir müssen uns entscheiden, ob wir wirklich wieder Kinder erster und zweiter Klasse haben wollen.“ Auf Druck der SPD war der Ganztagsanspruch für alle 2011 wieder eingeführt worden.

Um den Ausgabengalopp in den Griff zu kriegen, hat das Sozialministerium eine Tiefenprüfung gestartet: Bis Jahresende sollen alle Kommunen einen umfangreichen Fragenkatalog beantworten, um auch zu ergründen, wo die Kostentreiber sind. Dann steht ohnehin eine Novelle des Kinderfördergesetzes an, da die aktuelle Version beim Landesverfassungsgericht durchgefallen war.

Infografik: Mehr Kleinkinder in Tagesbetreuung | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista, Referenz