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Kleiderordnung Schlabberhosen bleiben draußen, oder?

Eine Schulleiterin aus Baden-Württemberg will an ihrer Schule eine Kleiderordnung einführen. Sollte diese Idee auch im Harz Schule machen?

Von Sandra Reulecke 20.11.2015, 13:38

Halberstadt/Wernigerode l Mit ihrem Vorschlag hat eine Schulleiterin aus Schwieberdingen – ein 11 000-Einwohner-Ort in Baden-Württemberg – für Diskussionen im Internet gesorgt. Sandra Vöhringer plant, Jogginghosen aus dem Schulgebäude zu verbannen. Im Dezember soll sich eine Arbeitsgruppe aus Lehrern, Eltern und Schülern treffen, um über eine Kleidungsordnung zu debattieren. Auch bauchfreie Tops, Hotpants und Leggings sollen dann auf den Prüfstand kommen. Ein Beispiel, das Schule macht?

Nicht im Harzkreis. Auf Volksstimme-Nachfrage versicherten alle Sekundarschulen und Gymnasien aus Halberstadt und Wernigerode, dass es keine Bekleidungsvorschriften gibt und keine geplant sind. Auch das Landschulheim Grovesmühle nahe Veckenstedt, eine Privatschule, bildet da keine Ausnahme.

„Das ist kein Thema“, betont Helfred Hauk. Er ist Schulleiter an der Sekundarschule „Thomas Müntzer“ in Wernigerode und versteht die Aufregung um die schlabbrigen Beinkleider nicht. „Ich dachte, Jogginghosen sind wieder angesagt.“ So lange die Kleidung seiner Schüler „einigermaßen sauber“ ist und nicht unangenehm riecht, sehe er keinen Grund, in die Klamottenwahl reinzureden.

Seine Liberalität kommt nicht von ungefähr. Er ist als Jugendlicher selbst mit seinem Geschmack bei Lehrern angeeckt. „Ich hatte lange Haare und musste mir dafür öfter Sprüche anhören“, verrät Hauck.

Am Gymnasium Martineum in Halberstadt wird der Kleider-Diskussion auf unbürokratische Weise entgegengewirkt: mit Schulkleidung. Diese ist nicht mit den strengen Schuluniformen, wie sie in Großbritannien üblich sind, zu verwechseln. Vielmehr handelt es sich um T-Shirts und Jacken mit dem Schulemblem. „Die Schüler haben sich selbst dazu entschieden und tragen die Sachen freiwillig“, berichtet Sekretärin Marina Sievert.

Im Kollegium der Ganztagssekundarschule „Freiherr Spiegel“ in Halberstadt sorgt Kleidung manchmal für Gesprächsstoff, sagt Sigrid Kruse. Hin und wieder sei der Griff zum Telefon nötig, um mit Eltern darüber zu sprechen, was ihre Kinder tragen – oder eben nicht. Denn wie die Sekretärin berichtet, kommt es vor, dass sich Mädchen für sehr knappe Outfits entscheiden.

Ähnliche Erfahrungen haben die Mitarbeiter der Sekundarschule „Walter Gemm“ Halberstadt gemacht. „Halbnackte zu unterrichten, empfinden die Kollegen verständlicherweise als unangenehm“, sagt Schulleiterin Ines Göhler. Redebedarf mit den Erziehungsberechtigen habe sie auch, wenn Schüler T-Shirts mit „für den Unterricht unangemessenen Aufschriften“ tragen.

Wie reagieren die Eltern auf die Kritik? „Sehr unterschiedlich“, sagt Ines Göhler. „Manche haben Verständnis, andere wissen gar nicht, wie sich ihre Kinder in der Schule kleiden.“ Andere Mütter und Väter seien der Meinung, dass die Kleiderwahl zur Meinungsfreiheit gehöre.

Ob nun Ausdruck der Persönlichkeit oder nur Bequemlichkeit: Spätestens am 21. Januar werden Jogginghosen-Träger wieder das Bild auf Schulhöfen prägen – international. An diesem Datum wird nämlich der Jogginghosentag begangen.

Erfunden haben ihn vier Österreicher. Alexander Painsi, Matthias Strohmeier, Matthias Geisriegler und Martin Riesel haben ihre Klassenkameraden aufgerufen, am 21. Januar 2009 in Sporthosen zum Unterricht zu kommen.

Im Jahr darauf wurde aus der Klassen-Karnevalsaktion eine Facebook-Veranstaltung. Bis zu 60 000 Leute aus 50 Ländern sollen (virtuell) schon daran teilgenommen haben.