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Landeshaushalt „Kenia“ vor dem Stresstest

Finanzminister André Schröder (CDU) erklärt, wie Sachsen-Anhalt 1,5 Milliarden Euro sparen muss. Darüber muss die Regierung beraten.

Von Jens Schmidt 19.08.2016, 01:01

Herr Minister, in der Haushaltsplanung für 2017/18 klafft ein Milliarden-Loch. Wie wollen Sie das denn in zwei Tagen schließen?

André Schröder: Das Ziel ist ehrgeizig, das gebe ich zu. Dieser Doppelhaushalt ist eine Bewährungsprobe für die Koalition. Doch ich bin zuversichtlich, dass wir diese bestehen. Ich werde dem Landtag jedenfalls keinen Haushaltsplanentwurf mit einem Minus vorlegen.

Und wenn es nächste Woche nicht klappt?

Dann werden wir im September im Kabinett weiter verhandeln. Ziel ist es, unseren Entwurf im November dem Landtag vorzulegen. Ich sage deutlich: Der Ausgleich der Finanzen steht vor dem Zeitplan.

Haben die Minister jegliches Maß verloren?

Ich denke, hier drückt sich der gewaltige Gestaltungsanspruch aus. Die Minister haben alle Vorhaben angemeldet, auch jene, die im Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt stehen. Hinzu kommt: Mein Amtsvorgänger wollte den Sparkurs weiter verschärfen. Das will ich nicht. So sollten etwa die Zuweisungen an die Kommunen deutlich zurückgehen. Jetzt wollen wir sie verbessern, weil in vielen Gemeinden das Geld nicht mehr reicht und die Kassenkredite nach oben schnellen. Allein diese Kursänderung erhöht unsere jährlichen Ausgaben um etwa 250 Millionen Euro im Vergleich zur alten Planung.

Sie wollen nun weniger Altschulden tilgen. Ist das nicht leichtsinnig?

Nein, wir wollen unsere Tilgungsrate von 100 Millionen Euro ja stabil halten. Das ist eine solide Summe. Geplant war zwar, sie jährlich zu erhöhen. Aber das wird wohl nicht zu schaffen sein.

Manche Minister meinen, so ein Kassenloch sei vor einer Haushaltsklasur doch ganz normal.

Ich halte das Defizit für zu groß. Wir hatten im Mai im Kabinett alle zusammen beschlossen, dass zunächst die prioritären Maßnahmen - also für Lehrer, Polizei, Kommunen und Infrastruktur - bezahlt werden. Weitere Projekte konnten die Minister anmelden, wenn ihr Budget das hergibt. Alles weitere muss geschoben werden. Wir haben den Häusern auch Vorschläge gemacht: Würden diese umgesetzt, wäre das Defizit halb so groß.

Und die andere Hälfte?

Wir müssen auch bei den Schwerpunkten prüfen, ob alles auf einmal geht. Natürlich brauchen wir mehr junge Lehrer. Doch können wir auch sofort mehr pädagogische Mitarbeiter finanzieren? Auch über den effektiveren Einsatz der Lehrer müssen wir reden dürfen. Das Thema ist nicht neu. So würden wir den Personalbedarf reduzieren.

CDU-Landeschef Webel hat vorgeschlagen, den Kita-Betreuungsanspruch auf acht Stunden zu kürzen.

Ich denke, er hat Recht. Für Eltern, die weniger als 30 Stunden pro Woche arbeiten, wären acht Stunden Kinderbetreuung angemessen. Für Vollzeitbeschäftigte bliebe es bei den zehn Stunden. Wir müssen bedenken: Die Landesausgaben haben sich in zehn Jahren auf fast 280 Millionen Euro verdoppelt. Es ist das erklärte Ziel der Koalition, die Finanzierung zu prüfen und ab 2018 ein neues Kinderfördergesetz zu haben.