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Leseranwältin Überschriften? Gar nicht so einfach

06.05.2024, 07:00
Leseranwältin Heike Groll
Leseranwältin Heike Groll VS

Redaktionen wählen aus, welche der vielen Themen in der Zeitungsausgabe stehen. Leserinnen und Leser wiederum entscheiden, welche Beiträge sie überhaupt zur Kenntnis nehmen, welche sie schnell überfliegen und welche sie intensiv durchlesen. Denn wer hat schon die Zeit, um wirklich jeden Artikel, vom Haupt-Aufmacher oben auf der Seite bis zur kleinen Meldung unten rechts zu lesen?

Auf der anderen Seite wünschen sich Redaktionen natürlich, dass Beiträge von möglichst vielen Menschen gelesen werden. Es gilt also, Aufmerksamkeit zu wecken. Eines der wichtigsten Mittel dafür sind die Überschriften. Klingen sie spannend, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Leser sich den Text genauer anschauen.

Sind sie nichtssagend und langweilig, wenden sich Leser ab. Gute Überschriften zu formulieren: gar nicht so einfach. Sie müssen über den Inhalt des Artikels informieren, sollen aber nicht zu viel verraten. Sie müssen neugierig machen, dürfen aber keine falschen Erwartungen wecken. Und das auf wenig Platz, der meist nur für drei bis fünf Wörter reicht.

Wenn diese wenigen Wörter dann noch sehr bildhaft und griffig sind, scheiden sich oft die Geister. Für den Ausdruck „feuern“ in der Überschrift „Diakonie will AfD-Anhänger feuern“ in der Volksstimme vom 2. Mai etwa findet ein Leser harsche Worte. Es sei „dümmlich“ und geeignet, die „teilweise Verblödung der Bevölkerung zu fördern“. Im Artikel selbst ist der Sachverhalt schließlich in gemäßigteren Worten dargestellt („… nicht im Betrieb dulden“, „… muss gehen“).

Sagt die Überschrift also in der Sache etwas anderes aus als der Text? Das wäre ein grober handwerklicher Fehler, ist aus Sicht der Redaktion hier aber nicht der Fall. Der Begriff „feuern“ ist zwar drastisch, in der Alltagssprache jedoch den meisten Menschen als Synonym für „entlassen“ oder „kündigen“ geläufig, und genau darum geht es auch in dem Artikel, in dem überdies die verschiedenen Meinungen und Gegenpositionen nebeneinandergestellt werden.