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Ostderby Riesen-Zoff um Fan-Ausschluss

Nach dem Hüpfverbot findet das Derby des 1. FC Magdeburg gegen den Halleschen FC vor leeren Rängen statt.

24.11.2016, 23:01

Magdeburg l „Hüpfen ist seit jeher Teil der Fankultur von allen blau-weißen Anhängern“, sagt Mario Kallnik, Geschäftsführer des 1. FC Magdeburg am Donnerstagmittag. Für ein Heimspiel ein generelles Hüpfverbot auszusprechen, sei nicht umsetzbar. Das Derby gegen Halle am Sonnabend (14 Uhr) müsse, so entschied Stadion-Mieter FCM, deshalb unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Der Verein könne die Sicherheit nicht gewährleisten.

Anfang November hatten Messungen beim Heimspiel gegen Hansa Rostock ergeben, dass die von hüpfenden Fans ausgelösten Schwingungen über der sogenannten Panikgrenze liegen, ab der ein subjektives Gefühl der Unsicherheit erzeugt wird.

An diesem Mittwoch hatte die 1. FC Magdeburg Stadion- und Sportmarketing GmbH (SSG) als Betreiber der MDCC-Arena Post von der Stadt erhalten. Darin untersagte das Bauordnungsamt für das Heimspiel gegen Halle das Nutzen der Blöcke auf allen Tribünen. Gleichzeitig bot die Behörde an: Wenn der FCM Maßnahmen aufzeigen würde, mit denen das Hüpfverbot umzusetzen wäre, könnte das Spiel stattfinden. Darauf reagierte der Verein mit dem Fan-Ausschluss.

Am Donnerstagnachmittag legt Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) nach. Er sei enttäuscht vom Verhalten des Vereins. „Ich halte die Entscheidung des Clubs für grundlegend falsch“, sagt Trümper. Als Betreiber der Arena hätte der FCM, so Trümper, selbst ein Hüpfverbot aussprechen sollen. „Das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen, ist keine dauerhafte Lösung“, sagt er.

Vom Verein hatte Trümper konkrete Maßnahmen erwartet wie das Hüpfverbot umzusetzen sei. Bis Freitag hatte die Stadt dem Club Zeit gegeben, sich zu äußern. Ein entsprechendes Konzept hätte Trümper wohl akzeptiert, deutet er an. Doch halten Fans ausgesprochene Verbote tatsächlich ein? „Im Notfall muss die Polizei geholt werden, die dafür sorgt, dass das Hüpfen aufhört“, erklärt Trümper.

Der Verein hatte hinter den Kulissen andere Optionen als den Fan-Ausschluss durchgespielt: Das Heimrecht mit dem Halleschen FC zu tauschen, war nicht möglich. Die Verantwortlichen erwägten auch, die Partie auf einem anderen Platz auszutragen: In die Lizenz-Papiere für die dritte Liga hatte der FCM das Heinrich-Germer-Stadion als Ausweich-Spielstätte eingetragen. Auch die Idee, das Spiel zu verschieben, verwarfen die FCM-Macher wieder.

Der 1. FC Magdeburg steht vor dem Ostderby gegen Halle nun vor einem Scherbenhaufen. Mario Kallnik zeigt sich ratlos: „Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir wissen aber um die Existenzbedrohung für den Verein.“ Er deutet an, zu überprüfen, ob möglicherweise Schadenersatzforderungen an die Stadt gestellt werden könnten.

Magdeburgs Oberbürgermeister weist etwaige Forderungen des Vereins entschieden zurück: „Die Stadt hat bei dem Bau des Stadions nichts falsch gemacht“, sagt Trümper, der von 2000 bis 2001 auch Präsident des 1. FC Magdeburg war. 2002 und 2003 hatten Planer in enger Absprache mit dem Verein die neue Arena konzipiert. Im Dezember 2006 wurde der Magdeburger Fußball-Tempel eingeweiht. Fast 28.000 Zuschauer finden in der 30 Millionen Euro teueren Arena Platz.

Trümper sagt, er könne sich während der Planungsphase an keine öffentliche Diskussion zum Thema Fan-Hüpfen erinnern. Der Würzburger Fan-Forscher Harald Lange hält dagegen: „Diejenigen, die geplant haben, müssen selbstverständlich davon ausgehen, dass während der Spiele gehüpft wird“, sagt der Wissenschaftler. Ein reines Sitzplatzstadion geplant zu haben, wäre für Deutschland enorm ungewöhnlich gewesen, so Lange.

Lutz Trümper hat für Freitagmorgen zu einem runden Tisch ins Rathaus eingeladen. Doch um langfristig wieder sicher im heimischen Stadion spielen zu können, hilft nur ein baulicher Eingriff. Trümper wartet ein Gutachten ab, das im Dezember veröffentlicht wird. Erst danach will er über weitere Schritte sprechen.

Die Polizei reagierte auf die neue Situation vor dem Derby zurückhaltend. „Es werden dennoch ausreichend Kräfte im Einsatz sein, um das Spiel und das Umfeld abzusichern“, sagt ein Sprecher. Einzelheiten will die Polizei am Freitag bekannt geben. Mehr als 20.000 Karten hatte der FCM für das Spiel verkauft. Wie erworbene Tickets zurückgegeben werden können, war am Donnerstagabend noch nicht klar. Der Magdeburger Zoo hat für geschundene Fan-Herzen aber eine Alternative parat: Erwachsene kommen bei Vorlage des Stadiontickets für zwei statt 9,50 Euro in den Tierpark.