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Fußball Emotionaler Abschied nach 13 Jahren

Frauen und Fußball - vielen fällt es schwer, darin eine echte Verbindung zu sehen. Das Gegenteil beweist jedoch der Fall Bärbel Habedank.

Von Florian Schulz 24.06.2016, 05:00

Kuhfelde/Saalfeld l Die 55-jährige Kuhfelderin hat als Trainerin im Nachwuchs beim Kuhfelder SV und zuletzt bei der SG Saalfeld tolle Arbeit geleistet und ist neuerdings auch in den „Club 100“ vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) aufgenommen worden.

Eine kleine Ära geht nun zu Ende. Weil der Großteil ihrer Spieler in der kommenden Saison in den Männerbereich aufrückt und es bei der SG Saalfeld keine B-Jugend mehr geben wird, hat sich Bärbel Habedank schweren Herzens dazu entschieden, nach 13 schönen Jahren zumindest vorübergehend ihre Trainerkarriere zu beenden. Sie möchte sich nun vermehrt um ihre Familie kümmern, die vorher sicherlich etwas kürzer gekommen ist. Noch vor ihrem Abgang erhielt die Fußballfanatikerin kürzlich im Rahmen der 70-Jahre-Feier des Vereins in Saalfeld eine ganz besondere Auszeichnung. Zudem geht es mit der Mannschaft noch eine Woche auf Abschlussfahrt nach Spanien, wo die SGS an einem internationalen Turnier teilnimmt. Danach ist aber vorerst Schluss für die 55-Jährige.

Aufgewachsen ist Bärbel Habedank in Altensalzwedel. Ihr großes Interesse in ihrer Nachwuchszeit galt dem Judosport und dem Handball – jeweils in Kuhfelde. Beim Judo sicherte sie sich in der Zeit von 1971 bis 1978 den blauen Gürtel, Handball lief vermehrt über die Schule. „Fußball habe ich damals nur in meiner Freizeit gespielt. Mit den Jungs haben wir in Altensalzwedel gebolzt“, erzählt Habedank. Ihrem Vater Georg Witt drückte sie bei dessen Partien in Saalfeld die Daumen, er begeisterte seine Tochter vom runden Leder. Nach dem Umzug nach Halle/Saale, wo Bärbel Habedank von 1986 bis 1998 lebte, jagte die Westaltmärkerin zwei Jahre lang selbst für Motor Ammendorf dem runden Leder hinterher. Zum Einsatz kam sie zumeist im Mittelfeld oder im Angriff. Aus privaten Gründen ging es nach zwölf Jahren an der Saale für die Sportenthusiastin zurück in die Heimat, genauer gesagt nach Kuhfelde. Wenig später fragte der ortsansässige KSV an, der Trainer für seinen Handball-Nachwuchs benötigte. Habedank erwarb die C-Lizenz, entschied sich nach einem kurzen Handball-Intermezzo allerdings doch für den Fußball. „Ich habe den Mannschaftssport, die Emotionen und die Spannung schon immer geliebt“, erzählt die 55-Jährige.

„Die Kinder waren wirklich begeistert“

So startete die Westaltmärkerin 2003 beim Kuhfelder SV mit einer G-Jugend. Die trainierte vorerst ein Jahr lang und stieg dann als F-Jugend in den Spielbetrieb ein. „Es war von Beginn an eine eingeschworene und fast familiäre Truppe“, schwärmt Bärbel Habedank. Für einen ganz großen Titel auf dem grünen Rasen reichte es zwar nie, doch beim Hallenfußball hat das Team laut Traineraussage „immer gut mitgespielt“ und den einen oder anderen Titel eingefahren. In der Anfangszeit stellte Familie Sallermann in Brewitz zumeist ihr Grundstück für Trainingscamps zur Verfügung, später ging es dann zur Vorbereitung auf die Spielserien nach Binz auf Rügen. Habedank kümmerte sich höchstpersönlich um die Organisation. Ein ganz besonderes Highlight war im Oktober 2009 die Eskorte beim Spiel des damaligen Regionalligisten 1. FC Magdeburg gegen die zweite Mannschaft von Hertha BSC Berlin. Als Auflaufkinder hatten die Westaltmärker natürlich eine Menge Spaß. Im Rahmen der Aktion „Team 2011“ vom DFB durften sich die Kuhfelder zudem 2011 über den Hauptpreis freuen und besuchten das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft in Hamburg gegen die Niederlande. „Die Kinder waren wirklich begeistert“, erinnert sich die Trainerin zurück.

Teilweise trainierte Bärbel Habedank, die sich viel im Internet belesen hatte, parallel drei Jugendteams in Kuhfelde. „Für die Unterstützung möchte ich mich hiermit auch noch einmal bei allen Kindern und Eltern bedanken, aber auch bei meiner Familie, die immer Verständnis für meine Aufgaben hatte“, so die 55-Jährige. Worin genau lag denn ihre Motivation? „Die Kinder haben es einem immer gedankt. Die Arbeit mit ihnen hat mir immer viel Spaß bereitet. Ich fand es toll, wie sie sich zu Persönlichkeiten entwickelt haben“, verrät die Westaltmärkerin. Aufgeregt war sie schon immer, wenn sie an der Seitenlinie stand, doch diese Aufregung hat sich mit der Zeit immer mehr gelegt. „Ich habe meine Spieler immer versucht anzufeuern und zu motivieren. Ich wollte ihnen vermitteln, dass sie nie aufgeben sollen“, erzählt die Übungsleiterin, die ab und an auch mal laut werden musste, es aber nie böse meinte. So hatten ihre Schützlinge, unter ihnen waren auch einige Kinder aus benachbarten Heimen, immer viel Spaß am Spiel und die Trainingsbeteiligung konnte sich stets sehen lassen.

Nach Unstimmigkeiten mit dem Kuhfelder Vorstand wechselte Bärbel Habedank 2012 zur SG Saalfeld und eröffnete dort eine C-Jugend. Der Kern ihrer Spieler in Kuhfelde nahm den Weg ebenfalls auf sich. „Mit 15 Kindern bin ich nach Saalfeld gegangen, mittlerweile zählten wir 29“, berichtet die ehrgeizige Trainerin stolz. Bei der SGS fühlte sich Habedank von Beginn an pudelwohl. „Es war alles vom Feinsten, wie man es sich nur wünschen kann. Wir wurden ganz toll behandelt, der Vorstand war immer für uns da“, schwärmt die 55-Jährige. Somit profitierten sowohl der Verein als auch Bärbel Habedank und ihre Schützlinge von der Bildung der B-Jugend in Saalfeld, wo es lange keinen Nachwuchs mehr gegeben hatte. Der Kader wurde über die Jahre immer größer. „Schön war, dass die Spieler von allein zu uns gekommen sind, denn sie wollten einfach Spaß haben und ohne großen Druck spielen“, berichtet Habedank. Das war in Saalfeld möglich, da die Mannschaft ohne ganz große Ziele in ihre Spielzeiten ging. Zudem wurde auch außerhalb des Platzes viel unternommen, was vielen Akteuren sehr gefiel. Umso bedauernswerter ist es für Bärbel Habedank, dass sie nun mehr oder weniger dazu gezwungen ist, ihr Amt abzugeben. Aus ihrer B-Jugend-Mannschaft wechseln gleich acht Spieler altersbedingt in den Männerbereich. In der A-Jugend hätte die SGS in der Landesliga spielen müssen, das allerdings wollte sie aufgrund der Reisestrapazen nicht. Für eine B-Jugend-Vertretung hätten hingegen nicht mehr genügend Spieler zur Verfügung gestanden. Die wenigen Akteure, die übrig geblieben sind, trainieren demnächst bei den Herren mit. Bärbel Habedank, von ihrem Co-Trainer Jürgen Buschow immer tatkräftig unterstützt, möchte nun erst einmal eine Pause einlegen und sich vorwiegend um ihre zwei kleinen Enkelkinder kümmern.

„Dennoch werde ich den Weg meiner Jungs weiter verfolgen und sicherlich ab und an mal in Saalfeld Spiele besuchen. Ich finde es irgendwie auch toll, dass sie jetzt bei den Männern spielen und wünsche ihnen und dem Verein eine erfolgreiche Zukunft“, hofft die 55-Jährige, dass der Spielbetrieb weiterhin aufrecht erhalten bleibt. Der SG Saalfeld möchte sie auch weiterhin die Treue halten. „Wenn ich mal gefragt werde, ob ich aushilfsweise Trainingseinheiten leite, werde ich bestimmt nicht Nein sagen“, so die Kuhfelderin, die von ihren männlichen Kollegen immer hochgeachtet wurde. „Ich habe mich als Frau nie unwohl gefühlt – ganz im Gegenteil“, blickt die Trainerin zurück, die noch einmal all ihren Unterstützern und Sponsoren einen besonderen Dank ausspricht.

„Habe großes Vertrauen in meine Mannschaft“

Doch noch ist das Trainerkapitel für die 55-Jährige nicht gänzlich geschlossen. Für eine Woche geht es nun nach Spanien. In der Nähe von Barcelona steigt ein internationales Turnier, für das sich auch die Saalfelder B-Junioren beworben haben. Mit 16 Kindern und neun Elternteilen reist das Team mit dem Bus nach Spanien. Die SGS nutzt diesen Wettkampf mit Vor- und Hauptrunde sowie Finalduellen und Teams aus den verschiedensten Nationen als Abschlussfahrt. „Es ist das erste Mal, dass wir ins Ausland reisen, doch ich habe großes Vertrauen in meine Mannschaft und denke, dass alles glatt geht“, erklärt die 55-Jährige kurz vor der Abreise. Sich selbst bezeichnet die Kuhfelderin als „Fußball-Mutter“, die die Kinder in gewisser Weise mit erzogen und ihnen auch das Miteinander beigebracht hat.

Noch bevor Bärbel Habedank in den Ruhestand geht, durfte sie sich noch einmal über einen sehr emotionalen Moment freuen. Im Rahmen der Vereinsfeier, der neben Klubchef Bernd Krüger auch KFV-Präsident Heinrich Piep und Heike Scheinhardt vom Landesverband (FSA) beiwohnten, in Saalfeld wurde die 55-Jährige offiziell in den „Club 100“ des DFB aufgenommen. Als Kreissiegerin des DFB-Ehrenamtes kam sie auf Landesebene unter die besten Vier, die in diesen Club gelangten. „Damit hätte ich nie im Leben gerechnet, aber ich habe mich tierisch darüber gefreut“, verrät die Trainerin, die es immer noch nicht wirklich glauben kann. Allerdings war immer Verlass auf die Fußballbegeisterte, die nebenbei seit fünf Jahren auch noch als Staffelleiterin – mittlerweile im Bereich der F- und G-Jugend – arbeitet und eben auch neben dem Platz viele tolle Dinge mit ihrer Mannschaft unternommen hat. Damit hat sie sich diese Auszeichnung wohl auch mehr als verdient.

Ihrer Aufgabe im Kreisfachverband (KFV) Altmark West möchte Habedank auch weiterhin nachkommen. „Es wird schon komisch genug sein, wenn ich demnächst keine Trainings- und Spieltermine mehr im Kalender habe“, „fürchtet“ sich die 55-Jährige schon ein wenig vor der „unbefristeten“ fußballlosen Zeit. Die Kuhfelderin möchte eine Rückkehr ins Trainergeschäft „nicht verneinen“. „Wenn die Umstände passen und ich gesund bleibe, ist das sicherlich nicht unmöglich“, verrät die Westaltmärkerin, die bereits jetzt drei Angebote von Vereinen aus der Region auf dem Tisch zu liegen hat. Doch erst einmal braucht Bärbel Habedank etwas Abstand, zu schwer fiel ihr nach stolzen 13 Jahren die Trennung von ihren geliebten Schützlingen.