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Rudern Syring lebt den nächsten Traum

Nach der Olympia-Qualifikation ist vor der U-23-WM: In Rotterdam will Philipp Syring vom SCM mit Max Appel Gold im Doppelzweier gewinnen.

Von Daniel Hübner 28.05.2016, 01:01

Magdeburg l Am Donnerstagmittag durfte Philipp Syring einfach nur sitzen. Im Vorgarten eines Magdeburger Cafés ließ er sich den Wind um die Nase wehen und genoss einen exotischen „Orange Mojito“. Das hatte ganz viel von Entspannung, allerdings verrieten die braunen müden Augen des 2,05 Meter großen Hünen vom SCM genauso viel über die Anstrengungen der letzten Tage, in denen er einen fast aussichtslosen Kampf ums Olympia-Ticket verloren hatte.

Dritter hätte er werden müssen, Sechster ist er im Finale der europäischen Qualifikation für Rio am vergangenen Dienstag geworden, in sieben Minuten war die Hoffnung auf seine ersten Sommerspiele gestorben. Denn nach der Zielankunft war klar, dass er sich nun bis Tokio 2020 gedulden muss. Eine Chance, in einem Mannschaftsboot im August zu sitzen, hatte ihm der Deutsche Ruderverband (DRV) von vornherein nicht in Aussicht gestellt. „Und ich akzeptiere die Entscheidung des Verbandes“, sagt Syring. Für ihn blieb also nur der Einer: „Nach meinem deutschen Meistertitel im April haben viele gesagt, das schaffst du schon nach Rio. Aber ich wusste, dass es eine riesen Aufgabe in Luzern werden würde.“

Dabei konnte Syring mit seiner Leistung auf dem Rotsee in der Schweiz gut leben. „Nur den Vorlauf bin ich wirklich schlecht gefahren, so ehrlich muss ich mit mir sein.“ Am Ende bestritt er vier Rennen an drei Tagen. Und am Ende „war der Geist willig, aber mein Körper wollte einfach nicht mehr“, resümiert Syring.

Luzern hat ihm dennoch nicht die Liebe zum Einer genommen, die er längst für sich entdeckt hat. „Eigentlich ist es eine Teufelsbootsklasse“, erklärt der 19-Jährige. „In der Mannschaft gibt es immer einen, der dich an einem schlechten Tag aufbauen kann. Im Einer musst du aufpassen, an solch einem Tag nicht depressiv zu werden.“ Aber so bodenständig Syring durchs Leben und durch den Sport marschiert, so sehr ist er auch der Faszination für das Boot erlegen. Deshalb lebt Syring nun den nächsten Traum: „In Tokio würde ich sehr gerne den Einer fahren.“

Darauf können sich die Veranstalter der Sommerspiele 2020 schon mal vorbereiten, denn dieser Ritt ist Syring zuzutrauen. Bis dahin wird er noch intensiver an seinen Grundlagen arbeiten: „Ich habe erst seit einem Jahr das tägliche Doppeltraining, da fehlen mir vielleicht noch 1000 Kilometer auf dem Wasser zur internationalen Konkurrenz.“ Und bis dahin hat er die nötige Erfahrung gesammelt – zunächst wieder im Mannschaftsboot. „Junge Athleten wie Philipp muss man behutsam aufbauen“, sagt sein Coach Roland Oesemann. Das ist auch der Plan für die nächsten zwei Jahre – und der Plan beginnt gerade in Leipzig.

Es ist das erste Trainingswochenende mit dem Kader der U-23-Nationalmannschaft. Zu der möchte Syring mit seinem Teamgefährten Max Appel auch bei der WM in Rotterdam (Niederlande/21. bis 28. August) gehören. „Wir wollen dort im Doppelzweier um Gold kämpfen“, stellt Syring klar – wie vor zwei Jahren, als sie den Titel in der U 19 erkämpften. In Ratzeburg muss der WM-Platz am nächsten Wochenende noch ausgefahren werden: Ihre Gegner heißen Steven Weidner, ebenfalls SCM, und Kai Fuhrmann. „Ich habe auch gar keine Pause“, sagt Syring mit gequältem Lächeln, ergänzt aber überzeugt: „Es ist gut, dass ich eine Aufgabe habe, die mich ablenkt. Denn Luzern wird einige Zeit in meinen Gedanken bleiben.“

Am gestrigen Freitag hat auf dem Rotsee der Weltcup begonnen. We nn er hätte im Einer starten müssen, was hätte Philipp Syring wohl gedacht? „Ich glaube nichts“, sagt er lächelnd, „ich hätte einfach nur geweint.“