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SC MagdeburgOpfer der zweiten Bahn

SCM-Schwimmtrainer Bernd Berkhahn glaubt, den Grund für Franziska Hentkes Probleme in Rio zu kennen.

Von Daniel Hübner 18.08.2016, 01:01

Magdeburg l Zum einen ist seine Trainerakkreditierung für die Sommerspiele abgelaufen, zum anderen hätte Bernd Berkhahn die Zeit am Zuckerhut sowieso kaum genießen können: „Uns geht es nicht wesentlich besser“, hatte der Trainer der SCM-Schwimmer erst vor ein paar Tagen erklärt. Am heutigen Donnerstag kehrt er nun aus Rio de Janeiro nach Magdeburg zurück. Berkhahn beschäftigt nach wie vor das Abschneiden seiner Schützlinge: ein elfter Platz von Franziska Hentke über die 200 Meter Schmetterling, ein 32. Platz von Florian Wellbrock über die 1500 Meter Freistil. „Die Aufarbeitung wird noch lange dauern“, ist sich der Coach sicher.

In diese Aufarbeitung fließt jegliche Auffälligkeit ein – wie die Strömung im Becken des Aquatic Stadium. Sarah Köhler (Frankfurt) hatte diese nach ihrem achten Platz über 800 Meter Freistil moniert. Auch Steffen Deibler (Hamburg), der im Halbfinale über 100 Meter Schmetterling scheiterte, erklärte in der „Bild“: „Dann merkst du, dass mit der Strömung was nicht stimmt. Und dann entscheidet eine Bahn über vier Jahre Training.“ Marco Koch (Darmstadt), Siebter über 200 Meter Brust, klagte ebenfalls über eine schwache Schlussgerade. Diese drei hatten mit Hentke bei ihrem Halbfinal-Aus etwas gemeinsam: Sie schwammen alle auf Bahn eins oder zwei.

Das Fachportal „swim.de“ ist dem Gefühl der Athleten nachgegangen. 1170 Zwischenzeiten der 45 Starter über die 1500 Meter Freistil wurden analysiert. Ergebnis: Die Starter auf den Bahnen eins und zwei waren auf dem Rückweg im Schnitt 0,4 Sekunden langsamer als auf dem Hinweg. Auf den Bahnen fünf bis sieben wurden gar keine Abweichungen festgestellt. Und obwohl viele Schwimmer diesen Zustand frühzeitig moniert hatten, „haben die Organisatoren bis zum Schluss nicht eingegriffen“, berichtete Berkhahn. Dass sich Strömung und Gegenströmung nun ausgleichen könnten für die Athleten, hält Berkhahn für eine „Milchmädchen-Rechnung“: „Der Energieverlust ist ja trotzdem da!“

Nicht nur, dass Hentke trotz gefühlter Top-Form mit 2:07,67 Minuten fast zweieinhalb Sekunden über Bestzeit blieb, tatsächlich war ihr Zeitverlust auf der letzten Bahn nicht normal: So verlor sie auf diesen 50 Metern im Halbfinale satte 0,96 Sekunden auf die Schweizerin Martina van Berkel (Bahn sieben), auf Natsumi Hoshi (Japan/Bahn sechs) waren es sogar 1,09 Sekunden. Beide Damen waren die Schnellsten im Feld auf dem Schlussabschnitt. Berk-hahn: „Fakt ist, dass ,Franzi‘ und Marco Opfer der Beckenströmung geworden sind.“ Auch Peter Jacob von „swim.de“ meinte: „Für den Endspurt kann die Gegenströmung entscheidend gewesen sein.“

Nur bei Wellbrock war es im Vorlauf anders. Er schwamm auf Bahn acht. „Der Junge hatte einfach Lampenfieber. Ihm hat die Erfahrung gefehlt“, meinte sein Coach. Wellbrock absolvierte erstmals bei einem internationalen Langbahn-Event die 1500 Meter Freistil – ausgerechnet bei Olympia. Bei der WM 2015 war er im Freiwasser über fünf Kilometer Fünfter geworden. Er war dann der Erste, der nach Magdeburg zurückgekehrt ist: Schon am Dienstag hatte er seinen ersten Tag als Auszubildender zum Immobilienkaufmann. Auch Hentke ist wieder zurück in der Heimat: Zum einen fehlte es ihr in Rio schlicht an einer Trainingsmöglichkeit, berichtete die 27-Jährige. Zum anderen wollte sie einfach wieder nach Hause.