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NRW-Wahlkampf Schulz' Traum und Merkels Mängelliste

Im Traum ist Martin Schulz schon Kanzler. Da ist aber vor allem Amtsinhaberin Merkel vor. Zum Start in die heiße Wahlkampfphase liefern sich die Parteigranden in NRW ein Fernduell.

Von Bettina Grönewald, dpa 02.04.2017, 17:13

Essen/Hamm/Münster (dpa) - "I've got the power - ich habe die Macht" - zu den Gladiatoren-Beats der Pop-Hymne schreitet ein strahlendes SPD-Triumvirat in die altehrwürdige Zeche Zollverein. Nordrhein-Westfalens SPD läutet in wuchtiger Industriekulisse den Schlussspurt zur Landtagswahl ein.

Alle sind zur Spitzenkandidatin Hannelore Kraft nach Essen gekommen: Kanzlerkandidat Martin Schulz, Außenminister und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel, die Regierungschefs von Rheinland-Pfalz und Hamburg, Malu Dreyer und Olaf Scholz, und Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann. Die Botschaft: Gemeinsam gewinnen wir - erst am 14. Mai in NRW, dann am 24. September im Bund.

Allerdings ist die SPD bei weitem nicht die Einzige, die an diesem Wochenende Beschwörungsformeln wie: "Wir werden die Wahl gewinnen!" unters Volk bringt. Bereits am Samstag rührt Krafts Herausforderer Armin Laschet die Trommel. Er braucht dafür nur Eine: Angela Merkel.

Beim CDU-Parteitag in Münster feuert die gelöst wirkende Kanzlerin die Wahlkämpfer an: "Rot-Grün muss abgelöst werden!" Merkel macht eine lange Rechnung des Versagens von SPD und Grünen in NRW auf: Innere Sicherheit, Bildung, Forschung, Verkehr, kommunale Finanzen, Digitalisierung - in vielen Bereichen hätten andere Bundesländer die Nase vorn.

Kraft - wie interessanterweise auch Merkel in Knallrot gekleidet - verzichtet am Tag danach weitgehend darauf, sich an der politischen Konkurrenz abzuarbeiten. Sie stellt dagegen lieber Kernpunkte ihres Regierungsprogramms für die nächste Wahlperiode in den Vordergrund - vor allem in der Sozial- und Bildungspolitik.

Eine Spitze sendet sie aber doch zur CDU: Die rede das Land schlecht und schrecke dabei vor Tricks und veralteten Zahlen nicht zurück. Und dafür lasse sich sogar die Kanzlerin instrumentalisieren. "Jedes Kinkerlitzchen wird zum Skandal hochgejazzt", schimpft die 55-Jährige, die auch ihr Kabinett und Ehemann Udo mitgebracht hat.

Die ganz großen Gehässigkeiten bleiben aber auf allen Seiten aus. Schließlich könnten die Wähler sowohl im Land als auch im Bund am Ende durchaus die ungeliebte große Koalition erzwingen. In NRW ist das den Umfragen zufolge derzeit die einzige rechnerisch machbare und realistische Option. In ihren Reden sprechen die Granden von CDU und SPD an diesem Wahlkampfwochenende lieber nicht von Koalitionen.

Das macht dafür die FDP, die am Sonntag ebenfalls ihre Duftmarken setzt. In Hamm schließt sie eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen in NRW sogar per Parteitagsbeschluss aus.

In seiner Rede schießt sich Parteichef Christian Lindner vor allem auf die Grünen ein: "Die kümmern sich um Tofu-Bratwürste mehr als um die Qualität der Bildung in Nordrhein-Westfalen", feixt er vor seinen Parteifreunden. Der 38-Jährige setzt aber auch Spitzen gegen Kraft und Laschet. Lindner will Fehler der Vergangenheit vermeiden und die FDP nicht als Mehrheitsbeschafferin, sondern als liberale Größe ohne Koalitionsaussage in den Endspurt schicken.

"Wovon sollen wir träumen?" fragt Martin Schulz seine Genossen kurz nachdem Sängerin Frida Gold ihren gleichnamigen Ohrwurm auf der Wahlkampfbühne zum Besten gegeben hat. Die große Koalition ist es sicher nicht. Schulz verrät seinen Traum: "Am 14. Mai nach 18 Uhr geht der Balken nach oben und Hannelore Kraft bleibt mit der SPD die stärkste Kraft in diesem Land", schwelgt der 61-Jährige. "Dann heißt es auch, die SPD wird die stärkste Partei Deutschlands, und ich werde Bundeskanzler."

Die Meinungsforscher sehen die SPD in NRW derzeit bei bis zu 40 Prozent, die CDU mit etwa 30 Prozent deutlich dahinter. Allerdings geben weder Kraft noch Laschet etwas auf solche "Wasserstände", die sich oft genug als unhaltbar erwiesen haben - wie zuletzt bei der Saar-Wahl.

Anders als Linken-Politiker Oskar Lafontaine und Altkanzler Gerhard Schröder, die über die Medien schon mal das Klima für Rot-Rot im Bund vergiften, sind in NRW noch viele Türen offen - auch für eine sozialliberale Koalition. Schulz verspricht, die SPD werde keinen Mitbewerber verleumden, beleidigen, herabwürdigen oder vorsätzlich Falschnachrichten setzen.

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