1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Eine Lebensgeschichte wie aus einem Roman

Geburtstag Eine Lebensgeschichte wie aus einem Roman

Burgerin Irmgard Knoke ist hundert Jahre alt.

Von Katrin Wurm 11.04.2017, 01:01

Burg l Die großen Lebens- und Liebesgeschichten schreiben nicht etwa kreative Hollywood-Drehbuchautoren. Die schönsten und auch traurigsten Geschichten schreibt das Leben. Das Leben der Burgerin Irmgard Knoke verlief wie so eine große Geschichte: Eine voller Liebe, Glück, Trauer, Verlust und auch Freuden. Und eine Geschichte, die für so viele starke Frauen steht, die nach dem Krieg die Dinge selber in die Hände nahmen.

Am Sonntag feiert die Burgerin ihren 100. Geburtstag und empfängt ihre Gäste mit einem großen, strahlenden Lächeln und viel Wärme. Die Wärme, die nur eine Mutter ausstrahlen kann, und eine Frau, die einmal richtig geliebt hat.

Irmgard Knoke wurde am 9. April 1917 in Burg geboren, wuchs zum größten Teil in Güsen auf. „Ich fühlte mich aber immer als Burgerin. Mit Güsen wurde ich nie so richtig warm“, erzählt die Jubilarin. „Ich war ein kleines Kind mit roten Haaren und Sommersprossen. Dem damaligen Schönheitsideal habe ich nicht unbedingt entsprochen“, sagt sie schmunzelnd weiter.

Nach der Schule arbeitete sie in mehreren Haushalten als Hausdame. „Es waren viele gute Jahre für mich dabei.“

Doch wenn es um die Geschichte ihres Lebens geht, ist es die Liebe zu ihrem Mann Ewald. Eine Liebe, die groß und stark begann und durch den Krieg ihr viel zu frühes, trauriges Ende nahm. „Wir kannten uns gerade einen Monat, da wurde er eingezogen. Ich war schwanger mit unserer Gerda“, beschreibt sie mit solch klaren Worten, als hätte sich die Situation aus dem Jahr 1940 erst kürzlich zugetragen.

Genau so klar und eindrucksvoll berichtet sie von einem späteren Treffen mit ihrem Mann. „Es war im Jahr 1942. Er hatte mir ein paar Tage zuvor ein Telegramm zukommen lassen, dass er mich und Gerda nachmittags um Drei am Hauptbahnhof Berlin sehen möchte. Er könne auf der Fahrt nach Paris dort halten. Also fuhr ich mit Gerda und meiner Schwester nach Berlin. Dort sah er zum ersten und letzten Mal seine kleine Tochter. Sie sprang mir ihren kleinen Beinchen und im rosa Mantel über den Hauptbahnhof. ‚Sie ist mein kleiner rosa Punkt‘, sagte Ewald damals“, weiß Irmgard Knoke noch wie heute. Die Nacht verbrachte sie mit ihrem Ewald in Berlin und gerät heute noch ins Schwärmen über dieses kurze, intensive Glück. Es folgte in den weiteren Monaten ein weiteres Treffen in Görlitz. „Und sonst schrieb er mir. Jeden Tag erhielt ich Post. Bis zu jenem Tag im Jahr 1943. Von da an bekam ich keine Post mehr. Da wusste ich, es musste etwas Furchtbares passiert sein.“

Ihr Ewald fiel im Krieg. Doch ihre Liebe hielt an. Das deutsche Eherecht nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte eine postume Eheschließung. „Nach dem Krieg wurden wir verheiratet. Dann konnten Gerda und ich den Namen Knoke tragen“, sagt sie.

Irmgard Knoke ordnete nach den Kriegsjahren ihr Leben neu. Für sich und ihre beiden Kinder. Sie fing in der Obst- und Gemüseabteilung der GHG an und arbeitete sich bis zur Disponentin und Lehrbeauftragten für Molkereierzeugnisse hoch.

Nach ihrem Berufsleben lernte sie noch einen netten Mann kennen, „mit dem ich noch zwölf wunderbare Jahre ganz ohne Streit verbrachte“, sagt sie lächelnd und dankbar.

Ihre Familie ist ihr Rückhalt und gibt ihr Kraft. Tochter Gerda wohnt im gleichen Haus. Doch außer beim Einkaufen gestaltet Irmgard Knoke ihr Leben selbstständig: kocht, geht ihren Hobbys nach, erledigt einfache Dinge im Haushalt. Jung hält sie auch ihre Familie, zu der die Enkelkinder und Urenkel sowie ein Ur-Urenkel gehören, die mit ihrer Oma „Irma“ diesen besonderen Geburtstag feiern.