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Palliativpflege Sterben - aber nicht allein

Dass Todkranke bis zum letzten Atemzug in vertrauter Umgebung bleiben können, wird seit 2007 durch die SAPV unterstützt.

Von Gesine Biermann 22.11.2015, 02:00

Gardelegen l Zu Hause sterben zu können oder zumindest umgeben von vertrauten Menschen – laut einer repräsentativen Umfrage des deutschen Palliativ- und Hospizverbandes wünschen sich das die meisten Menschen. Doch was noch vor 100 Jahren Alltag war, nämlich das Sterben zu Hause – ist in unserer modernen Gesellschaft zur Ausnahme geworden. Angehörige und Patienten fürchten sich allerdings oft nicht nur vor der persönlichen Herausforderung, sondern auch vor unzureichender medizinischer Versorgung. Genau hier setzt seit 2007 das SAPV-Programm an. Mit einem Netzwerk aus Versorgungsleistern soll es schwersterkrankten und sterbenden Patienten ermöglichen, bis zum Ende zu Hause zu bleiben.

Um das in Gang zu setzen, braucht es allerdings zunächst einen Antrag bei der eigenen Krankenkasse, erklärt Dr. Urte Kreißl. „Den kann der Patient selbst stellen, aber auch Angehörige oder der Hausarzt.“ Als einzige ambulante Palliativmedizinerin der Region im SAPV begleitet die niedergelassene Gardeleger Hausärztin und Internistin seit vielen Jahren todkranke Patienten und weiß deshalb auch genau um deren Möglichkeiten.

Die sind zwar von Fall zu Fall und vom Zustand des Erkrankten abhängig, das Programm bietet aber viele Vorteile: Angefangen von der Betreuung durch ehrenamtliche Hospizmitarbeiter über eine besondere Physiotherapie oder die Vermittlung von einem Pflegedienst mit palliativischer Ausbildung und Erfahrung bis hin zum Sanitätshaus und dem Hospizbereitschaftsdienst, „der auch mitten in der Nacht noch das dringend notwendige Schmerzmittel liefern kann“, reichten die Möglichkeiten, zählt Kreißl auf. „Man spannt so etwas wie Hängematten auf.“

Der Vorteil sei zudem, dass alle Entscheidungen mit der SAPV wesentlich schneller getroffen und umgesetzt werden könnten. „Im Notfall kriegen wir innerhalb von wenigen Stunden die komplette Betreuung organisiert, vom Pflegebett bis zum Pflegedienst“, alles, damit der Patient in seiner gewohnten Umgebung bleiben könne. Dass das immer mehr in Anspruch genommen wird, freut sie natürlich besonders. „Es ist wirklich deutlich, dass die Familien immer besser über diese Möglichkeiten informiert sind.“ Aber was, wenn es am Ende zu Hause doch nicht geht, sich alle überfordert fühlen? Dann, so versichert Kreißl, sei jederzeit möglich, den Patienten in der Palliativstation des Krankenhauses oder auch im stationären Hospiz weiter zu betreuen. Auch diese Option zu haben, sei für viele beruhigend, weiß sie.

Kreißl macht deshalb seit Jahren Angehörigen und todkranken Patienten Mut, sich auf die Erfahrung einzulassen. Und sie sieht Partner oder Kinder in dieser besonderen Situation als ebenso wichtig an, wie ihre Patienten. „Wenn die Familie mit im Boot ist, ist vieles einfacher“, weiß sie. Und so nimmt sie sich auch immer viel Zeit, die Fragen der Angehörigen zu beantworten. Ganz sicher gehe jeder anders mit dem Sterben um, „jeder durchlebt die letzte Phase anders“, so Kreißl. Dass es aber für die meisten Menschen leichter ist, wenn man in vertrauter Umgebung die Augen schließen darf und dabei nicht allein sein muss – das gilt übrigens auch für die, die am Bett sitzen – dessen ist sie sich gewiss.