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CDU-Parteitag Emotionen im Grenzbereich

Der Kreisparteitag der CDU Stendal war emotionsgeladen. Am Ende wird Chris Schulenburg an Stelle von Nico Schulz neuer Vorsitzender.

Von Thomas Pusch 07.04.2017, 14:35

Stendal l Nico Schulz hatte eine klare Vorstellung. Der Osterburger Bürgermeister wollte Kreisvorsitzender der CDU werden. Dazu hatte ihn der Parteivorstand einstimmig vorgeschlagen, dazu hatte er sich entschlossen. Obwohl er auch so seine Zweifel hatte. „Meine Frau, mein Ortsvereinsvorsitzender und mein Verstand sagen mir nein, aber mein Herz schlägt für die CDU“, beschrieb er es bei seiner Vorstellung. Doch der Abend sollte nicht wunschgemäß verlaufen.

Schon die dem Kreisparteitag direkt vorausgegangene Mitgliedervollversammlung zur Wahl der Vertreter für die Landesvertreterversammlung der CDU hätte ihm eine Warnung sein müssen. Als einer der fünf Delegierten bekam er mit 73 die wenigsten Stimmen von den 98 Mitgliedern, die übrigen vier lagen zwischen 88 und 92 Stimmen. Das Interesse am Kreisparteitag war deutlich größer, die Teilnehmerzahl wuchs auf 140, die Zustimmung für Schulz hingegen nicht.

Er zeigte sich zum Auftakt des Parteitages kämpferisch. Der scheidende Vorsitzende Wolfgang Kühnel war nicht bei der Versammlung erschienen. Von ihm wurde eine Erklärung verlesen. Auf anwaltlichen Rat habe er im Wahlfälschungsprozess die Aussage verweigert, dies sei von Teilen der Partei und der Öffentlichkeit kritisiert worden. „Wir haben alle mit einer Aussage gerechnet, zumal er das zwei Tage vorher angekündigt hatte“, sagte Schulz. Er und Thomas Staudt hätten fassungslos im Gerichtssaal gesessen.

Die CDU Stendal sei in ihrer schwersten Krise, habe in den beiden vergangenen Jahren 60 Austritte verzeichnen müssen. Wolfgang Kühnel selbst habe ihn als neuen Vorsitzenden vorgeschlagen. Er habe nicht Hurra geschrien. Er sei bereit, aber nur wenn es einen glaubhaften Neuanfang gäbe. Dabei gehe es nicht um die Frage von Schuld oder Unschuld, sondern um die Zukunft der Partei. „Ich habe überhaupt keine Lust und Zeit, Prellbock zwischen Hardy und den Medien zu sein“, stellte er sich gegen den Vorsitzenden des Stendaler Ortsvereins.

Und der schlug zurück. „Nico, du kommst hier aus Osterburg eingeflogen“, herrschte er ihn an. So einen Kreisvorsitzenden brauche keiner, warf er ihm vor allem vor, in einem Volksstimme-Interview, über Parteifreunde hergezogen zu sein – „Das geht nicht!“ Offenbar empfand das auch die Mehrheit des Parteitages so, denn Schulz fiel als einziger Kandidat sang- und klanglos mit 60 Ja- und 74 Nein-Stimmen durch. Ganz gefasst sagte er: „Das Ergebnis überrascht mich nicht, ich habe mich angeboten, jetzt muss man überlegen, wie es weitergeht.“

Auch  mit den Medien ging Hardy Peter Güssau hart ins Gericht. Vor allem „Volksstimme-Redakteur Marc Rath und seine Helfershelfer" wollten ihn in einem „pathologischen Verfolgungswahn" an den Pranger stellen. Es gebe schon vier einstweilige Verfügungen gegen Behauptungen in dieser Berichterstattung, die er „Schweinejournalismus" nennt. Das quittiert fast der ganze Festsaal mit Applaus.

Das wurde nach einer kurzen Auszeit der Parteispitze bekanntgegeben. Nun kandidierte Chris Schulenburg. „Ich fühle mich, als hätte man mich in eiskaltes Wasser geworfen“, sagte er. Allerdings sei er auch ein kräftiger Schwimmer und könne sich gut über Wasser halten. Von der Schandtat eines Straftäters solle sich die Partei ihre Erfolge nicht kaputtmachen lassen. Das kam an bei den Parteifreunden, mit 118 Ja-Stimmen wurde er souverän zum neuen Kreisvorsitzenden gewählt.

Die Wahl der Stellvertreter verlief unspektakulär, gab es doch für zwei Plätze zwei Kandidaten. Thomas Staudt (118) und Dirk Hofer (103) wurden in das Amt gewählt. Um das Amt des Schatzmeisters hatte Hardy Peter Güssau mit Rüdiger Kloth einen Gegenkandidaten. „Ich stelle mich der Wahl, weil man dann zwischen einem ,Weiter so‘ und einem wirklichen Neuanfang entscheiden kann“, sagte Kloth. Der Kreisparteitag entschied sich für Hardy Peter Güssau. Mit 68 erreichte er die notwendige Mehrheit von 66 Stimmen zwar nur knapp aber eben auch sechs Stimmen vor seinem Mitbewerber um das Amt.