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FlüchtlingssituationUnterschiedliche Lehren gezogen

Drei altmärkische Landtagsabgeordnete informierten sich auf Sizilien über die Flüchtlingssituation..

Von Thomas Pusch 06.12.2016, 00:01

Stendal l Einmal in der Legislaturperiode können Ausschüsse des Landtages eine Auslandsreise unternehmen, um sich auf die Themenarbeit vorzubereiten. Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten reiste ans Mittelmeer, um sich dort über die Flüchtlingssituation zu informieren. Mit an Bord waren mit Dorothea Frederking, Wulf Gallert und Ulrich Siegmund drei Landtagsabgeordnete, die die Altmark in Magdeburg vertreten.

In Malta, das die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, wird in der Europäischen Migrationsagentur an einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik gearbeitet. „Ich hoffe, dass sie einen Schub hin zu einem fairen, solidarischen Asylsystem bedeuten wird“, sagte Frederking. „Auf Sizilien sind es mehrheitlich Wirtschaftsmigranten aus Afrika“, sagte Siegmund. Und die Zahlen würden steigen. „Was mich richtig geärgert hat, ist, dass 90 bis 95 Prozent der Flüchtlingsboote in Sichtweite der lybischen Küste von Frontex aufgegriffen werden“, sagte Siegmund. Dann würden die Menschen in die Boote der Grenzschutzagentur steigen, während die Boote der Schlepper wieder in Richtung Küste zurücktreiben. „Und am nächsten Tag geht das dann wieder von vorne los“, beschreibt Siegmund. Er hat kein Verständnis dafür, dass die Boote nicht so wie in Australien zerstört werden. Das ist auch einer der tiefgreifendsten Eindrücke, die er von der Reise mitgenommen hat. Es sei wirklich ein Shuttle-Service, der keine Lösung bedeutet. Gallert bezeichnet hingegen die Mittelmeerroute als tödlichste Flüchtlingsroute der Welt, allein in diesem Jahr seien bereits 4000 Menschen ertrunken. Dass die Boote wieder zurücktreiben und dann wiederverwendet würden, das hätten weder Polizei noch Küstenwache so bestätigt.

Frederking mag nicht in Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten unterscheiden, auch die Menschen aus Afrika hätten das Recht auf ein glückliches und gelungenes Leben. „Auch in Zukunft müssen wir mit vielen Menschen rechnen, die in Europa leben wollen, allein wegen der Folgen des Klimawandels“, mahnte sie. Die Situation auf Sizilien habe aber auch gezeigt, dass Italien die Bewältigung der Flüchtlingssituation nicht allein schaffen könne. Die Staaten würden sich zwar nicht an ihre Quoten halten, Hilfsorganisationen seien aber aus ganz Europa vertreten.

„Man bekommt hautnah mit, dass es keine nationalen Grenzen gibt, dass die Situation uns alle angeht“, meinte Gallert. Siegmund treibt etwas Anderes um: „Niemand wurde auf HIV oder Hepatitis untersucht, das ist eine Zeitbombe, finanziell und menschlich“.