Krisensitzung zum neuen Berliner Flughafen Stürmische Zeiten am BER

01.03.2014, 01:19

Berlin (dpa) l Sie lagen oft über Kreuz, jetzt müssen sie gemeinsam liefern: Der Krisenflughafen hat Wowereit und Mehdorn zur Zweckgemeinschaft verdammt. Dabei hat der eine mehr zu verlieren als der andere.

Klaus Wowereit ist stocksauer. "Wenn Herr Mehdorn die Koffer gepackt haben will, dann sollten wir ihn davon nicht abhalten!" Großer Applaus beim SPD-Landesparteitag. Es ist das Jahr 2005, Bahnchef Hartmut Mehdorn will die Konzernzentrale von Berlin nach Hamburg verlegen. Daraus wurde nichts, Mehdorn ist heute noch immer in Berlin - und ausgerechnet von seinem Geschick hängt die politische Zukunft des Regierenden Bürgermeisters ab.

Mehdorn soll den Hauptstadtflughafen fertig bauen, aber der Querkopf bringt vor allem die Verantwortlichen zur Weißglut. Doch dieses Mal hat Wowereit keine Wahl: Er muss Mehdorn die Treue halten.

"Herr Mehdorn hat unser Vertrauen", säuselt der Regierungschef. "Er ackert mit allen Kräften, dass tatsächlich dieses Projekt zum Erfolg geführt wird. Da sind wir auch sehr zufrieden und dankbar." Mehdorn arbeite mit Verve, er lasse nicht locker, knie sich voll rein. Kaum zu glauben, dass im Roten Rathaus gerade ein Krisentreffen zu Ende gegangen ist - ein Krisentreffen zu Mehdorn.

Hatte doch der 71-Jährige wichtige Vorhaben auf der Baustelle kippen müssen und die Schuld daran den Flughafen-Eigentümern gegeben: Berlin, dem Bund und vor allem Brandenburg. Eine Rollbahnsanierung musste Mehdorn verschieben, den geplanten Testbetrieb in einem Seitenflügel des neuen Terminals absagen. Briefe wurden publik, in denen Mehdorn die Eigentümer vor weiteren Verzögerungen und einem Start des drittgrößten deutschen Flughafens nicht vor 2016 warnte.

"Es ist immer nicht gut, wenn man in der Öffentlichkeit kommuniziert", sagt Wowereit dazu nur. Der Bund klang schärfer: Die Geschäftspolitik werde nicht über die Zeitung besprochen, Mehdorn habe etwas gutzumachen, sagte der Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba (CDU) und kündigte vor dem Krisentreffen Klartext an.

Hat Wowereit sich hinter verschlossenen Türen schützend vor Mehdorn gestellt? Darüber drang nichts nach außen. Mehdorn ist aber durchaus in der Lage, für sich selbst zu kämpfen. Er sei jemand, der geradeaus gehe, hatte er bei Amtsantritt gedroht. Und die Bauherren wissen, dass sie zu dem schwer zu bändigenden Manager keine Alternative haben.

Das sieht sogar die Opposition ein - trotz der Querelen fordert sie den Rauswurf nicht. Die schwierige Suche nach einem Nachfolger für Mehdorns geschassten Vorgänger Rainer Schwarz ist erst ein Jahr her. Ganz abgesehen davon, dass ein neuer Chef viel Zeit brauchte, sich einzuarbeiten - es ist auch weit und breit kein anderer Geschäftsführer in Sicht. Um den umkämpften Posten wird sich kaum jemand reißen, vor allem, weil erfahrene Manager anderswo deutlich mehr verdienen. Darauf hatten Headhunter schon letztes Jahr hingewiesen.

Weitere Verzögerungen kann sich Wowereit nicht leisten - schließlich will seine SPD 2016 wieder die Abgeordnetenhauswahl gewinnen. Die politische Hypothek Flughafen muss dann abgezahlt sein.

Und so geht Wowereit geradezu pfleglich mit Mehdorn um. Wann gibt es einen Zeitplan für die Eröffnung? "Wenn wir soweit sind." Wann ist klar, wie teuer der Flughafen wirklich wird? "Zahlen sollte man dann erörtern, wenn sie auf dem Tisch liegen." Der Bund ist da deutlich ungeduldiger und fordert seit langem verbindliche Aussagen. Mehdorn solle bei dem Projekt die Nebenkriegsschauplätze verlassen, verlangt Bomba. Wowereit dazu: "Jede Baustelle muss bearbeitet werden."

Brandenburgs Ex-Regierungschef Matthias Platzeck hatte Mehdorn geholt. Doch auch mit Wowereit hat Mehdorn eine lange gemeinsame Geschichte. Sie haben schon Golf zusammen gespielt, und sie haben sich auch bekämpft. Doch erst die vertrackte Flughafen-Baustelle hat sie zur Zweckgemeinschaft verdammt: Wowedorn und Mehwereit.