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Hoffnung für Karstadt Auch Köln übt Steuerverzicht zur Rettung der Warenhauskette

Von Christof Bock 25.05.2010, 05:19

Hoffnung für Karstadt: Die Stadt Köln will wie andere Städte auf ihre Forderungen gegenüber der Warenhauskette mit ihren 25 000 Beschäftigten verzichten. Mittlerweile gibt es drei Kaufinteressenten.

Essen/Köln (dpa). Der Kölner Stadt-Kämmerer Norbert Walter-Borjans kündigte für heute ein Schreiben an Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg an, in dem die Stadt auf 1,7 Millionen Euro Gewerbesteuer verzichtet. "Eine Lösung für Karstadt wird an Köln nicht scheitern", sagte Walter Borjans. Formell will Köln seine Entscheidung heute treffen.

Neben der Triton-Gruppe hat nun auch der Berliner Privatinvestor Nicolas Berggruen Kaufinteresse angemeldet. Berggruen-Sprecher Wolfgang Weber-Thedy sagte, das Interesse sei groß. Berggruen wolle eine "deutsche Marke mit Kultstatus" haben und die damit verbundenen Arbeitsplätze retten. Voraussetzung für einen möglichen Kauf durch Berggruen seien Zugeständnisse der Vermieter und der Kommunen – die Arbeitnehmer sollen demnach verschont bleiben.

Als dritter möglicher Käufer wird das Immobilien-Konsortium Highstreet gehandelt, an dem die US-Investmentbank Goldman Sachs die Mehrheit der Anteile hält. Highstreet will die 120 Karstadt-Häuser vollständig übernehmen und als Konzern erhalten. Die Firma besitzt die Immobilien von 86 Karstadt-Filialen.

Insolvenzverwalter Görg sagte, es gebe unter den Bietern keinen Favoriten. Highstreet habe bisher noch keine Gesellschaft benannt, die als Käufer auftritt. Sie habe dafür aber noch Zeit bis zum Abgabeschluss am Freitag. Auch bei den Angeboten der Investorengruppe Triton und des Privatinvestors Nicolas Berggruen gebe es noch keinen endgültigen Stand. Mit allen werde intensiv gesprochen.

Fast alle Städte wollen mittlerweile auf ihre Forderungen gegenüber Karstadt verzichten. Der Insolvenzverwalter hatte bei allen 94 Kommunen mit Karstadt-Standorten eindringlich für einen Steuererlass geworben. Dabei geht es um eine Steuerforderung der Gemeinden von theoretisch bis zu 140 Millionen Euro.

Hintergrund ist ein außerordentlicher Ertrag in der Karstadt Bilanz, der durch einen Forderungsverzicht der Gläubiger von bis zu zwei Milliarden Euro entstehen würde. Görg braucht die Zustimmung so vieler Kommunen, dass 98 Prozent der Steuerforderungen vom Tisch sind. Eine Weigerung von Köln mit seinen hohen Karstadt-Umsätzen würde die zwei Prozent Spielraum überschreiten.

Am Freitag läuft die Frist für Angebote zur Übernahme des insolventen Essener Konzerns ab. Unternehmenskreise bestätigen, dass ein Einstieg von Highstreet bei Karstadt ein denkbares Szenario sei. Wenn die Verhandlungen mit Triton oder Berggruen scheiterten, habe Karstadt-Vermieter Highstreet am meisten zu verlieren, weil dann Dutzende Immobilien leer stünden. Die Sprecherin von Verdi, Cornelia Haß, wies unterdessen Angaben im "BamS"-Bericht zurück, wonach es schon eine Einigung zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft und Highstreet gebe.

Berggruen hat die Seriosität seines Interesses am Kauf der insolventen Warenhauskette Karstadt betont. Er habe kein Interesse an kurzfristiger Gewinnmaximierung oder an einem schnellen Weiterverkauf des Unternehmens, sagte der 48-jährige Kopf der Investmentgesellschaft Berggruen Holdings Ltd. der "Berliner Morgenpost". "Wenn jetzt der Eindruck entsteht, hier will ein Überflieger das schnelle Geld machen, so ist der falsch." Nicolas Berggruen ist ein Sohn des 2007 verstorbenen deutschen Kunstsammlers Heinz Berggruen, der seiner Geburtsstadt Berlin seine bedeutende Gemäldesammlung überließ.

Berggruen betonte, anders als der bisherige Karstadt-Kaufinteressent Triton erwarte er keine weiteren Zugeständnisse vom Personal des Warenhauskonzerns. "Von dort sind bereits derartige Zugeständnisse gemacht worden, dass jetzt Schluss sein muss."