1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Marcus Graubner muss kürzertreten

CDU-Ortsvorsitz abgegeben Marcus Graubner muss kürzertreten

Der Tangerhütter Marcus Graubner (47) ist nicht nur das Gesicht der CDU
im Süden des Landkreises, sondern auch die Stimme der behinderten
Mitbürger in der Region. Aus gesundheitlichen Gründen muss er nun
kürzertreten, gibt zunächst seinen Vorsitz im CDU-Ortsverband ab. "Ich
bin traurig über diesen Schritt, aber er ist nötig", sagt er.

Von Birgit Schulze 30.09.2014, 03:16

Tangerhütte l Als er 1992 in die CDU eintrat, war Marcus Graubner gerade 25 Jahre alt. Dass er sich in dem Alter politisch engagieren wollte, hatte auch damit zu tun, dass er als Betroffener etwas in der Behindertenarbeit bewegen wollte. Zwar gab es seit 1984 einen Blindenverband im Kreis Stendal und seit 1986 den Rollstuhlfahrerverband, in den man eintreten konnte, doch um Dinge zu bewegen, bedurfte es mehr. "Ich bin immer schon sehr konservativ gewesen und für mich ging es vor allem um die Werte in der CDU", sagt er und: "Es gibt zu wenige, denen man zuhört, wenn es um die Belange der Behinderten geht."

Marcus Graubner kam 1967 mit einer spastischen Tetraparese (Lähmung aller vier Extremitäten) infolge einer Gehirnschädigung unter der Geburt zur Welt. Von klein auf kämpfte er um so viel Normalität in seinem Leben wie möglich. 1974 kam er mit seinen Eltern nach Tangerhütte, um die Körperbehindertenschule zu besuchen. Der Umgang mit Behinderten ist in Tangerhütte auch durch diese Einrichtung über Jahrzehnte geprägt worden.

"Mitgestaltung passiert nicht auf der Couch"

1995 übernahm Graubner den CDU-Ortsvorsitz, damals von Peter Rösecke. Als Erwachsener engagierte er sich nicht nur politisch in Stadt- und Kreistag, er ist auch Vorsitzender des Allgemeinen Behindertenverbandes Stendal und in den Landes- und Bundesverbänden vertreten. Er begründete und begleitete die Selbsthilfegruppe "Frauen nach Krebs", ist seit 1992 im Jugendhilfeausschuss des Landkreises aktiv und wurde drei Jahre später Vorsitzender des Tangerhütter Ortsverbandes der CDU.

Diesen Posten legte er nun, nach fast 20 Jahren, Ende vergangener Woche in Absprache nieder. Es wird ein erster Schritt sein. "Zu meiner bestehenden Behinderung, die ich ja nicht wegdiskutieren kann, kam eine lebensbedrohliche Situation hinzu und ich musste entscheiden, wie es weitergehen soll." In weiteren Gremien will Graubner nun seine Optionen prüfen, sich langsam zurückzuziehen.

Fitness und Physiotherapie gehören zu seinem Alltag wie die Kommunikation mit den Menschen, die ihn auch zu Hause anrufen. "Mir war immer ein erfülltes und aktives Leben wichtig, aber wenn ich jetzt so weitermache, ohne Konsequenzen zu ziehen, geht das nicht gut." Auch Ehefrau Lolita, die unter der fortschreitenden Erkrankung Multiple Sklerose leidet, braucht ihn. Trotz aller Sorgen will Graubner Menschen motivieren, sich einzubringen und zu interessieren, auch politisch, so wie es Wegbegleiter bei ihm getan haben.

Die inzwischen verstorbenen Tangerhütter Werner Jacob (senior), Ehrenbürger und Schausteller, und Bernd Havelberg, langjähriger CDU-Mann, zählt er auf. Auch Wolfgang Kühnel, Lothar Riedinger und Waldemar Schreiber in der Kreispolitik gehörten für ihn dazu. Sogar Tangerhüttes Ortsbürgermeister Gerhard Borstell (SPD) und der langjährige Stadtratsvorsitzende Heinz-Peter Döhmann (SPD) prägten ihn.

"Die Zeiten ändern sich und uns fehlen große Persönlichkeiten, aber es gibt bereits einen Generationswechsel", so bleibt er zuversichtlich. Den Vorsitz im CDU-Ortsverband übernimmt übergangsweise sein bisheriger Stellvertreter, Peter Krüger. Es soll nun schnellstmöglich neu gewählt werden.

Im Kreistag und im Stadtrat will Graubner aktiv bleiben, sich für Themen vom Kulturhaus über die demografische Entwicklung bis hin zur Inklusion einsetzen. Mit dem neuen Bürgermeister der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte will er zusammenarbeiten und auch wenn es im Stadtrat "öfter mal zur Sache geht", so müsse man sich hinterher doch in die Augen sehen können. "Ich habe einen Wähler- und einen Kümmerauftrag", sagt er und: "Mitgestaltung passiert nicht auf der Couch!"