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Zerbster Tafel nimmt wieder neue Kunden an / Chefin Birgit Brandtscheit macht Bedürftigen Mut: "Niemand muss sich schämen, zu uns zu kommen"

Von Cordula Bischoff 14.01.2011, 04:30

Zerbst. "Birgit, wir können 66 Packungen Gefrierklöße beim Supermarkt abholen", ruft Elke Wilk der Chefin der Zerbster Tafel zu. Sofort zieht ein Lächeln über das Gesicht von Birgit Brandtscheit. "Gut!", ruft sie zurück und "unser Auto ist gerade unterwegs, da können die Kollegen gleich mit ranfahren und die Packungen abholen."

Seit Jahresanfang geht das so, die Telefone klingeln heiß. "Wir bekommen ganz viele Spenden. Die Supermärkte trennen sich beispielsweise von ihrem Weihnachtssortiment und vieles davon bekommen wir. Weihnachtsschokolade zum Beispiel", so Birgit Brandtscheit. "Wir sind momentan in einer ungewöhnlichen Situation. Die Tafel Zerbst hat mehr Spenden als Kunden. Deshalb können sich neue Kunden jetzt wieder anmelden." Deshalb hat die Tafel-Chefin einen Wunsch: "Ich möchte Bedürftigen sagen, dass sie keine Scham haben müssen, unsere Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Niemand muss sich schämen, zu uns zu kommen. Unsere Hilfe, die ohne unsere vielen Sponsoren gar nicht möglich wäre, kommt von Herzen."

Natürlich weiß Birgit Brandtscheit, dass es für Bedürftige ein Problem ist, sich ihre Bedürftigkeit bescheinigen zu lassen. Doch nur mit diesem Schriftstück können sie Unterstützung von der Tafel bekommen. "Der erste Schritt, um diese Bescheinigung zu bekommen, ist sicherlich der schwerste", nickt sie. "Das ist ein psychologisches Problem. Aber wer diesen ersten Schritt gemacht hat, den können wir in unsere Gemeinschaft aufnehmen, dem können wir helfen."

Diese Hilfe besteht beispielsweise aus Kisten, in denen Obst, Gemüse, Lebensmittel, Milchprodukte, Brot und Süßigkeiten dicht gestapelt stehen. "Nur zwei Euro müssen unsere Kunden dafür bezahlen", erklärt Birgit Brandtscheit. "Pro Woche kann jede Bedarfsgemeinschaft solche Kiste von uns bekommen. Darin sind richtig gute Lebensmittel und unsere Kunden sparen erheblich Geld. Aber sie brauchen diese Nachweise, dass ihre Bedürftigkeit geprüft und bestätigt wurde", unterstreicht sie erneut. Das ist immer dienstags von 14.15 Uhr bis 15.15 Uhr auf der Schloßfreiheit möglich. "Nur die Neuanmeldung wird dort vorgenommen. Die Verlängerungen gibt es bei uns", so Birgit Brandtscheit. "Wir liefern die Kisten auch in so manche Ortsteile. Eine unserer Touren führt immer mittwochs nach Lindau und Loburg", erläutert Birgit Brandtscheit. "Auf der zweiten Route fährt unser Transporter donnerstags die Ortsteile Deetz, Straguth, Dobritz und Reuden an."