1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Afghane gesteht alle vier Angriffe

Prozess Afghane gesteht alle vier Angriffe

Zum Prozessauftakt am Magdeburger Landgericht nach den Sexangriffen in Magdeburg hat der Hauptangeklagte Afghane alle vier Taten gestanden.

Von Matthias Fricke 30.03.2016, 01:01

Magdeburg l Mit gesenktem Kopf und in Handschellen betritt der 31-jährige Hauptangeklagte Alimohamad H. den Saal im Magdeburger Landgericht. Die Vorwürfe gegen ihn wiegen schwer. Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und sexuelle Nötigung wirft ihm Staatsanwältin Ruth Freitag in der Anklage vor. Sein 19-Jähriger Landsmann neben ihm auf der Anklagebank, Abedin D., soll sich für eine versuchte Vergewaltigung verantworten.

Der 31-jährige Afghane legt über seinen Verteidiger Ulrich Köhler ein umfassendes Geständnis ab. Alimohammad H. hat nie eine Schule besucht, kann weder lesen noch schreiben. Er ist in Afghanistan geboren und im Iran aufgewachsen. Von dort ging er seinen Angaben zufolge nach Dubai und sollte von dort zurück in sein Heimatland abgeschoben werden. Daraufhin entschloss er sich nach Europa zu gehen, stellte erst in Ungarn und am 29. Juni 2015 in Deutschland einen Asylantrag. Bis zur Festnahme wohnte er in der Gemeinschaftsunterkunft in der Münchenhofstraße in der Magdeburger Neutstadt.

Der 31-Jährige gesteht zunächst am 4. Oktober eine 24-jährige Frau in der Lübecker Straße verfolgt und auf den nahen Friedhof gezerrt zu haben. Dort vergewaltigte er sie. Das Opfer musste weitere sexuelle Handlungen an ihm vornehmen, bis er die junge Frau laufen ließ. Dem nicht genug, schlug nur kurze Zeit später, einige hundert Meter weiter, der zweite Angeklagte zu. So wirft es ihm die Staatsanwätin vor. Auch er versuchte die Frau zu vergewaltigen, scheiterte aber an der Gegenwehr. Unklar ist, ob die beiden Afghanen voneinander wussten. Der 19-Jährige schweigt. Auf Nachfrage sagt Alimohammad H. später nur aus, dass er erst bei den Vernehmungen von der Tat seines Landsmannes erfuhr.

Doch zunächst griff der Hauptangeklagte eine weitere 20-jährige Frau syrischer Herkunft am 21. Oktober in der Insleber Straße an. Er hielt ihr ein Messer mit einer zehn Zentimeter langen Klinge vor das Gesicht. Er legte seinen Zeigefinger auf den Mund mit den Worten „Psst!“ und sagte „Sex“. Die Frau konnte sich aus dem Festhaltegriff lösen, in dem sie ihre Jacke sowie den Rucksack abstreifte und zurückließ.

In der Nacht zum 25. Oktober schlug der Afghane erneut zu. Gegen 2.30 Uhr verfolgte er eine 19-Jährige in der Lübecker Straße, die sich dort auf dem Heimweg befand. In Höhe der Eisenbahnbrücken versuchte er, das Opfer ins Gebüsch zu ziehen. Doch das Opfer konnte fliehen. In seinem Geständnis sagte Alimohammad H. auf Nachfrage der Staatsanwältin, dass er auch diese Frau vergewaltigen wollte. Warum, diese Antwort bleibt er ebenso schuldig, wie seine Auswahlkriterien. Offenbar sind es alles Zufallsopfer.

Vor allem in den sozialen Medien brodelte die Gerüchteküche. Eine regelrechte Hetze begann. Es gründeten sich Bürgerwehren, in der Festung Mark attackierten 30 Vermummte eine Gruppe Asylbewerber.

Der Angriff auf eine 19-jährige Studentin am Universitätsplatz am 30. Oktober war der letzte der Serie. Der Angeklagte verfolgte die junge Frau vom Allee Center aus, bat sie um Feuer. Die Studentin gab ihm welches. Plötzlich zerrte sie der Mann am Opernhaus zu Boden, wollte sie vergewaltigen. Wegen der Schreie steckte ihr der Angeklagte zwei Finger so tief in den Mund, dass Panik und Atemnot zur Bewusstlosigkeit führten. Weil eine Zeugin sich näherte, flüchtete der Angreifer. Die 19-Jährige wurde stationär im Krankenhaus behandelt und war auch Wochen später noch krank geschrieben.

Sie hat Magdeburg verlassen und kehrte nach Baden-Württemberg zurück. Alimohammad H. lässt durch seinen Anwalt sagen: „Es tut mir sehr leid, was ich getan habe.“ Er habe sich zu dem Geständnis auch entschlossen, um den Frauen weitere Zeugenaussagen zu ersparen.

Die Straferwartung liegt zwischen zwei und 15 Jahren. Nach der Hälfte oder einem Dreiviertel der Strafe, so sein Verteidiger, könnte ein Gericht die Entlassung in Verbindung mit einer Abschiebung prüfen. Die registrierten Fingerabdrücke bei Europol dürfte dann eine Wiedereinreise im Schengenraum unmöglich machen. Ob alle sieben weiteren geplanten Verhandlungstage aufgrund des Geständnisses noch nötig sind, blieb gestern offen.