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Mehr Geld Gemeinden bleiben skeptisch

Bürgermeister freuen sich auf mehr Geld vom Land Sachsen-Anhalt, fordern aber vom Bund, sämtliche Flüchtlingskosten zu tragen.

Von Jens Schmidt 14.09.2016, 01:01

Magdeburg l „Wir können das Land zunächst einmal loben“ - ein Satz, der Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) in den vergangenen Jahren nicht über die Lippen kam, wenn es um das Thema Kommunalfinanzen ging. Doch die Zeiten haben sich geändert. Am Dienstag beschloss die schwarz-rot-grüne Landesregierung den Entwurf für ein neues Finanzausgleichsgesetz (FAG). Neu vorgesehen sind:

  • Das Land will in den Finanztopf ab 2017 gut 100 Millionen Euro mehr hineingeben.
  • Die Gesamtsumme von gut 1,6 Milliarden Euro, die auf die Kommunen verteilt werden, bleibt bis 2021 konstant. In den vergangen Jahren war sie gesunken.
  • Für die Kommunen gibt es ein Anreizsystem. Beschließt eine Gemeinde Steuersätze, die über dem Landesmittel liegen, darf sie die Extra-Einnahme behalten. Früher lohnte sich das nicht, da das Einnahmeplus zwangsläufig eine geringere Zuweisung aus dem Ausgleichstopf nach sich zog.

„Das neue Gesetz bietet den Kommunen deutlich bessere Planungssicherheit“, sagt Finanzminister André Schröder (CDU). Jedoch: „Es ist nicht der Beginn des Schlaraffenlandes.“ Steigen Ausgaben, müssen Gemeinden nun zusehen, wie sie die schultern. Auf weitere Landesmillionen dürfen sie nicht setzen.

In den kreisfreien Großstädten überwiegt die Freude. Durch die Neuordnung des Finanzausgleichs wird Magdeburg ab 2017 gut 15 Millionen Euro mehr in der Kasse haben. Auch Halle und Dessau-Roßlau machen Plus.

Unklar ist noch die Entwicklung bei den kleineren, kreisangehörigen Kommunen. Denn: Strukturschwache Gemeinden sind nicht so einfach in der Lage, weit überdurchschnittliche Steuer-Hebesätze zu beschließen, um sich ein saftiges Plus zu erwirtschaften. „Dafür fehlt es an starken Unternehmen und zahlungskräftigen Einwohnern“, sagt Havelbergs Kämmerin Petra Jonschkowski. „Für uns bleibt der Finanzausgleich ein kleines Lotteriespiel.“ Schwächeren Kommunen bliebe nur die Möglichkeit, Ausgaben zu senken - oder Vermögen wie Gemeinde-Flächen zu verkaufen.

Die Regierung hofft, dass die Gemeinden künftig mehr Spielräume haben, die aufgelaufenen Überziehungskredite abzubauen. Wegen fehlender Liquidität (um etwa Löhne zu bezahlen), wuchsen die in den vergangenen Jahren auf 1,3 Milliarden Euro an.

Allein in Havelberg mit seinen 6600 Einwohnern sind es 3,5 Millionen Euro. Dank niedrigster Zinsen von 0,2 Prozent halten sich die Belastungen in Grenzen. Doch an einem baldigen Abbau des Defizits ist derzeit nicht zu denken. Zunächst muss ein Altkredit für Investitionen getilgt werden - dafür sind jedes Jahr 300 000 Euro fällig. Erst in gut fünf Jahren ist das erledigt. „Dann gibt es etwas Luft“, schätzt Kämmerin Jonschkowski.

Der Entwurf wird in den nächsten Wochen mit Bürgermeistern und Landräten diskutiert, ehe der Landtag das Gesetz beschließt. Trotz des Geldregens wird es an einem Punkt strittig: Dabei geht es um die Investitionspauschale. Bislang bekamen die Kommunen jährlich 125 Millionen Euro. Damit werden etwa kommunale Straßen und Brücken gebaut. Künftig soll die Zulage auf 150 Millionen wachsen. Allerdings will die Regierung 25 Millionen Euro davon an bestimmte Zwecke binden: das Geld gäbe es allein für Feuerwehren, Sportanlagen und Krankenhäuser. Doch da machen die Bürgermeister nicht mit. „Eine freie Pauschale ist eine freie Pauschale – wir brauchen das Geld“, sagt Trümper, der auch Präsident des Städte und Gemeindebunds ist. Vor allem: Klinikausbauten seien überhaupt nicht Sache der Gemeinden sondern des Landes.

Trümper denkt, dass das Land versucht, bei den Kommunen Geld abzuknapsen, um die drohende Finanzlücke in der Landeskasse zu schließen. Derzeit fehlen in den Plänen für 2017 und 2018 noch jeweils gut 400 Millionen Euro. Das Hauptproblem seien die Flüchtlingskosten von 300 Millionen Euro, die Sachsen-Anhalt zu schultern hat, meint Trümper. „Diese Kosten muss der Bund komplett übernehmen“, fordert er. Die Aufnahme von einer Million Flüchtlinge sei schließlich die Entscheidung von Kanzlerin Merkel gewesen.