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Friedenssiedlung Knatsch um Flüchtlingswohnungen

Mit einem Brief wenden sich 16 Mieter dreier Wohnblöcke in der Klietzer Friedenssiedlung an den Landrat.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 05.10.2015, 16:23

Klietz l Dass sie neue Nachbarn bekommen, hatten die Mieter Ende vergangener Woche durch Zufall von Handwerkern erfahren (wir berichteten). Genauso überrascht reagierte Bürgermeister Hermann Paschke, der sich überrumpelt und wieder einmal nicht informiert fühlt. Er hatte gehofft, dass die Gemeinde zusätzlich zu den 700 Flüchtlingen in der Kaserne keine dauerhaft wohnenden Asylbewerber bekommt.

Der von 16 Mietern – 21 Wohnungen in den drei Blöcken sind belegt – unterschriebene Brief erreichte Montagmorgen den Landkreis. Die Liste der Mängel, die die Mieter aufzählen, ist lang. Sie schreiben von kalten Wohnungen ohne warmes Wasser im Winter, von Schimmel und einer veralterten Elektrik. Und: „Es ist nicht richtig, dass das Leid der Flüchtlinge ausgenutzt wird. Sie haben ihr Hab und Gut verloren beziehungsweise mussten es zurücklassen. Ihnen wird kein Gefallen getan, wenn sie nach kurzer Zeit wieder ausziehen müssen oder sie gar krank werden. Man kann die Unterbringung in diesen Wohnungen nicht als Integration sehen.“

Zu den Mängeln erklärte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) auf Volksstimme-Anfrage, dass jede Wohnung vom Landkreis abgenommen werde – mit zweien in der Friedenssiedlung ist das bereits passiert, die weiteren folgen. „Wenn es Mängel gibt, werden sie geltend gemacht.“ Wann die Asylbewerber einziehen, konnte der Landrat nicht sagen. „Es handelt sich um leere Wohnungen, wir müssen sie erst einmal einrichten.“

Womit die Ausstattung erfolgt, werde von Fall zu Fall (Anzahl der Personen, Kleinkinder...) entschieden. Es gibt gebrauchte Möbel aus dem Spendenlager in Stendal-Borstel, einige alte Armeebestände, „und wir kaufen in großem Umfang alles ein, was benötigt wird“, berichtet Carsten Wulfänger, dass die Preise für Möbel aufgrund der großen Nachfrage in Deutschland enorm gestiegen sind.

Jeden Freitag bekommt der Landkreis Stendal seine Zuweisung vom Land mit Flüchtlingen aus der Zentralen Erstaufnahmestelle (Zast) in Halberstadt. Es sind durchschnittlich 50 Personen, die in der Gemeinschaftsunterkunft ankommen und dann nach dem mehrstündigen Aufnahmeprozedere, das oft bis spät in die Nacht andauert, auf die vorhandenen Wohnungen im Landkreis aufgeteilt werden. „Wir sind auf jede uns angebotene Wohnung angewiesen. Denn der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab und wir sind verpflichtet, die Asylbewerber unterzubringen.“ Allein im Oktober werden es rund 250 Personen sein, die an den fünf Freitagen ankommen und denen Wohnungen zugeteilt werden müssen.

Auch auf das Schönhauser Verwaltungsamt kommt wegen der Flüchtlinge mehr Arbeit zu. Im Meldeamt werden die in Klietz Ankommenden entsprechend des Einwohnermeldegesetzes erfasst. Zusätzliches Personal gibt es dafür nicht.

Dass außer in der Klietzer Friedenssiedlung weitere Asylbewerber eine dauerhafte Unterkunft im Elbe-Havel-Land bekommen, ist Verbandsbürgermeister Bernd Witt nicht bekannt. „Die Gemeinden wurden gebeten, über eine mögliche Bereitstellung von Wohnraum zu beraten – das erfolgt jetzt in den Räten.“ Auch er hätte sich eine Info über die wirksam werdende Unterbringung in der Friedenssiedlung gewünscht, „nur so können wir die Bevölkerung mitnehmen und die Integration der Asylbewerber fällt leichter“.

Carsten Wulfänger erklärt, dass im Elbe-Havel-Land für weiteren von Privat angebotenen Wohnraum noch keine Verträge geschlossen worden sind, „über laufende Verhandlungen kann ich nichts sagen“.