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Amtsgericht Platzverweise, Hausverbote und viel Promille

Ein 48-Jähriger aus einem Ort bei Gardelegen muss sich jetzt vor dem Gardelegener Amtsgericht verantworten.

Von Leonie Dreier 28.02.2020, 02:00

Gardelegen l Der Vertreter der Staatsanwaltschaft schüttelte während der Verhandlung im Gardelegener Amtsgericht häufig mit dem Kopf. Die Aussagen des Angeklagten stießen bei ihm auf Unverständnis.

Dem 48-jährigen Angeklagten aus einem Ortsteil in Gardelegen wurde Bedrohung, Hausfriedensbruch, Beleidigung, Körperverletzung, Widerstand gegen Polizeibeamte, Nötigung und Körperverletzung vorgeworfen. Damit auch das Gericht bei den einzelnen Vorwürfen nicht den Überblick verliert, befragte Richter Axel Bormann den Angeklagten in chronologischer Reihenfolge zu seinen Taten.

Der arbeitslose Angeklagte hat seit Februar 2019 Hausverbot in einem Gardelegener Supermarkt. Trotz dieser Auflage betrat er am 31. Juli 2019 den Markt mit der Begründung: „Ich wusste nicht, dass ich Hausverbot hatte. Ich war nur auf dem Klo.“

Am 10. August soll der Angeklagte im betrunken einen Einkaufswagen bei einem anderen Supermarkt mitgenommen haben. In der Verhandlung konnte der Mann nicht sagen, wohin er mit dem Wagen wollte. Einige Tage später soll der Angeklagte gegen die Tür eines weiteren Supermarktes getreten haben. „Was war denn da los?“, fragte Bormann. Er habe eine Bierflasche zerstört und als er rausgehen wollte, öffnete sich die Tür nicht. Daraufhin habe er gegen sie getreten, antwortete der 48-Jährige.

Einige Tage später sei er mit einem Alkoholgehalt von 2,04 Promille eines Sportplatzes verwiesen worden. Dieser Bitte kam der Mann aber nicht nach. „Warum sind Sie geblieben?“, wollte Bormann wissen. „Ich war wohl zu betrunken“, meinte der Angeklagte. „Was passiert mit Ihnen, wenn Sie getrunken haben?“ „Dann bin ich ein anderer Mensch“, gab der 48-Jährige offen zu.

Nicht nur in einem Supermarkt hat der Beschuldigte Hausverbot. Auch das Altmark-Klinikum in Gardelegen darf er seit Februar 2019 nicht betreten. Damals soll er sich wegen einer vermeintlich falschen Diagnose aufgeregt haben. Mitte August habe er zum wiederholten Male die Notaufnahme des Klinikums aufgesucht. Eine Krankenschwester, die als Zeugin geladen war, sagte aus, dass sie ihn gebeten habe zu gehen. Daraufhin habe er gegen den Getränkeautomaten getreten.

Nach diesen Vorfällen wurde der Gardelegener für ungefähr drei Wochen in eine Psychiatrie zwangseingewiesen. Er bemühe sich bis heute mehr oder weniger um einem Platz in einer Langzeittherapie, sagte der Angeklagte.

Trotz seines Aufenthaltes in der Psychiatrie kam es Mitte August an einer Tankstelle in Gardelegen erneut zu einem Vorfall. Er soll Centstücke auf eine Auto geworfen und den Fahrer mit einem Klappmesser bedroht haben.

Der 41-jährige Fahrer sagte aus, dass der Angeklagte ihn mit einem Messer und den Worten: „Ich stech dich ab“ bedroht habe. Der Angeklagte wollte dies nicht bestätigen. „Warum soll der Zeuge uns die Tasche volllügen?“, fragte Bormann. Die Lebensgefährtin des Fahrers gab vor Gericht an, dass der 48-Jährige Centstücke auf das Auto geworfen habe. Ob ihr Partner bedroht wurde, konnte sie nicht sagen.

Am 20. August folgte die nächste Aktion. Der 48-Jährige soll in einem Gardelegener Markt, bei dem er sich auf eine Stelle beworben hatte, nach dem Gespräch unsauber auf der Toilette uriniert haben. Ein Tischler, der bei dem Markt arbeitet, gab vor Gericht zu Protokoll, dass er den Angeklagten im Aufenthaltsort mit seinen Füßen auf dem Tisch vorgefunden habe. „Ich sagte ihm, dass er gehen sollte. Daraufhin trat er gegen mein Schienbein, ich habe ihm dann eine Schelle gegeben und Hausverbot erteilt.“

Er habe den Mitarbeiter unabsichtlich getreten und nicht gewusst, warum er eine Ohrfeige bekommen hat, erklärte dazu der Angeklagte. Ein weiterer Mitarbeiter bestätigte die Aussage seines Kollegens. Auch bei diesem Vorfall hatte der Angeklagte 1,41 Promille Alkohol intus.

Bei der Altmarkwies'n Anfang September erhielt der Angeklagte einen Platzverweis, weil er lautstark randaliert habe. Die Polizei vor Ort rief Verstärkung. Die 29-jährige Polizistin und ihr Kollege fanden den Gardelegener verhaftet auf dem Boden vor. Sie seien dann mit den Kollegen ins Klinikum gefahren, damit dem Mann eine Blutprobe entnommen werden konnte, gab sie als Zeugin an. Dabei habe er um sich geschlagen und die Beamten mit Sätzen wie: „Ihr scheiß Bullen, ich töte euch“ oder „Du willst wohl vergewaltigt werden“ beleidigt.

Als wäre das alles nicht schon genug, soll er Mitte September seinen 72-jährigen Vater vor dem Altmark-Klinikum nach der Dialyse abgefangen, bedroht und angegriffen haben. „Gib mal fünf Euro, sonst gib es was auf die Fresse,“ soll er zu seinem Vater gesagt haben. Der bestätigte den Vorfall und erzählte Bormann, dass sein Sohn nach seinem Gefängnisaufenthalt im Jahr 2014 auf die schiefe Bahn geraten und alkoholabhängig geworden sei. Den Vorfall bestätigte auch der Taxifahrer, der den Vater damals vom Klinikum abgeholt hatte.

Zwei Tage später habe der 48-Jährige mit einem Hammer das Hoftor am Haus seines Vaters beschädigt. Sein Vater habe ihn entmündigen wollen, gab der Angeklagte an. Den Schaden habe er aber nach Angaben des Vaters aber repariert.

Wegen der zahlreichen Anklagepunkte und noch ausstehender Zeugenaussagen wird die Verhandlung am 16. März und 6. April fortgesetzt. Am 6. April wird das Urteil erwartet.