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Wenn der Kunde nicht zahlt Zahlungsaufforderungen richtig durchsetzen

Vereinbarungsgemäß einen Auftrag ausgeführt, doch der Kunde zahlt nicht. Das erleben Kleinbetriebe und Selbstständige immer wieder. Wie sie dann an ihr Geld kommen.

Von Sabine Meuter, dpa 14.12.2020, 03:39
Jens Kalaene
Jens Kalaene dpa-Zentralbild

Reutlingen/München (dpa/tmn) - Zeit, Material und viel Herzblut wurden in eine Auftragsarbeit investiert. Und dann passiert es: der Kunde zahlt nicht.

Das belastet nicht zuletzt bei Kleinbetrieben oder Soloselbstständigen die Liquidität, verursacht Kosten und kann gar zu Verlusten führen, wenn Forderungen beispielsweise verjähren.

Das Problem: Kein Unternehmer und kein Soloselbstständiger will seine Kunden durch vorschnelle Zahlungserinnerungen oder gar gerichtliches Vorgehen verärgern, schließlich hofft man auf weitere gute Zusammenarbeit und Weiterempfehlung.

Was aber tun, um vom Kunden fristgerecht das einem zustehende Geld zu bekommen? Michael Lier, Präsident des Vereins "Freelancer International" mit Sitz in Reutlingen, sieht es so: "Gerade Soloselbstständige neigen dazu, die entgeltliche Gegenleistung ihrer Kunden nicht klar genug anzusprechen."

Klare Vereinbarungen zur Zahlung

Angebote würden nicht immer verschickt. Dienstleistungen starten, bevor eine exakte Auftragserklärung vorliegt. Oder es fehlten klar definierte Teilzahlungsvereinbarungen in Höhe und Zeitpunkt. Lier hält es für ratsam, bereits in Vorgesprächen und spätestens mit Abgabe des Angebots klare Zahlungsvereinbarungen zu formulieren. Der Kunde muss sie dann schriftlich bestätigen.

Trotzdem kann es passieren, dass der Auftraggeber nicht zahlt. "Wer in seiner Rechnung ein klares Zahlungsziel einräumt, hat sofort nach Ablauf dieser Frist die Möglichkeit, eine Mahnung zu versenden", erklärt Lier.

Ein Telefonat nach Ablauf der Frist helfe aber häufig weiter. Eine Mail mit der Zusammenfassung des besprochenen Inhalts fördere Klarheit und erzeuge Druck und Rechtssicherheit. "Schon die erste Zahlungserinnerung sollte eindeutig formuliert als Mahnung verschickt werden", empfiehlt Andrea Nützel, Rechtsreferentin bei der IHK für München und Oberbayern.

Drei Mahnschreiben dürfen es sein

Mit Zugang der Mahnung kann der Schuldner für weitere Kosten und Verzugszinsen in Anspruch genommen werden. Laut Nützel hat sich bewährt, je nach Bonität und Kundenbeziehung bis zu drei Mahnschreiben mit steigender Dringlichkeit zu schicken. Zahlungserinnerung, ausdrückliche Mahnung sowie zuletzt die Androhung weiterer Schritte.

"So gibt man denjenigen Kunden, die nur versehentlich die Zahlung versäumt haben, ausreichend Gelegenheit, die Forderung zu erfüllen", betont die IHK-Rechtsexpertin.

Haben die Mahnungen keinen Erfolg, sollten Kleinbetriebe und Soloselbstständige weitere Schritte nicht scheuen. Das gerichtliche Mahnverfahren, die Klage auf Zahlung, aber auch die Übertragung der Forderung an ein Inkassobüro oder einen Anwalt sind weitere Möglichkeiten.

Ein Mahnverfahren ist schneller als eine Klage

Übrigens: Es gibt auch gesetzlich geregelte Fälle, in denen der Schuldner ohne eine Mahnung in Verzug kommt. Das ist etwa der Fall, wenn eine Fälligkeit nach Kalender (beispielsweise "zahlbar 14 Tage nach Rechnungsdatum" oder ein anderes Datum) oder eine Frist in Bezug auf ein Ereignis in der Rechnung festgelegt ist (zum Beispiel "Zahlung zwei Wochen nach Lieferung und Montage" oder "Zahlung 14 Tage nach Rechnungszugang").

Allgemein gilt auch die "30-Tage-Klausel". Danach besteht Zahlungsverzug spätestens, wenn das Geld nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung geflossen ist. Generell gilt: "Das gerichtliche Mahnverfahren ist schneller und kostengünstiger als eine Klage", so Nützel.

Mahnantrag stellen: So geht's

Im Mahnverfahren, das gesetzlich geregelt ist, prüft das Gericht die Ansprüche nicht. Die Vorgehensweise ist so: Der Kleinunternehmer oder Selbstständige als Gläubiger stellt unter Angabe der notwendigen Daten beim zuständigen Amtsgericht einen Mahnantrag auf einen Mahnbescheid.

Hierfür gibt es Formulare online oder im Schreibwarenhandel. "Die Antragstellung ist vorschusspflichtig, die Gebühr beträgt mindestens 32 Euro und ist abhängig vom Streitwert", erläutert die IHK-Rechtsexpertin. Einen offiziellen Gebührenrechner gibt es im Internet.

Das Gericht muss einen Mahnbescheid unverzüglich erlassen, sofern alle Voraussetzungen hierfür vorliegen. Der Mahnbescheid wird dem Schuldner - also dem Kunden in Zahlungsverzug - zugestellt und der Antragsteller - also der Kleinunternehmer oder Soloselbstständige - darüber informiert.

Infos zur Bonität des Kunden einholen

Widerspricht der Schuldner nicht innerhalb von zwei Wochen oder begleicht die offene Forderung, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. "Mit diesem ist eine Zwangsvollstreckung der Forderung per Gerichtsvollzieher möglich", so Nützel. Ihr Tipp: Jedes Unternehmen und jeder Selbstständige sollte sich vorab Informationen zur Bonität von Kunden verschaffen.

"Das Risiko eines Zahlungsausfalls lässt sich auch dadurch minimieren, dass man ein Abrechnungs- und Forderungsmanagement beauftragt", sagt Lier.

Anbieter, die auch Kleinunternehmer und Soloselbstständige betreuen, sind im Internet zu finden. Auch für kleine Firmen eigne sich das sogenannte Factoring, findet Nützel. Dabei verkauft ein Unternehmen seine ausstehenden finanziellen Forderungen ganz oder teilweise an ein Factoringunternehmen.

Auf diese Weise lässt sich unter anderem das Risiko, für geleistete Arbeit kein Geld zu bekommen, auslagern. Natürlich verlangt auch ein Factoringunternehmen Entgelt. Die Höhe hängt vom Umsatz des Kleinunternehmers oder Soloselbstständigen ab.

© dpa-infocom, dpa:201210-99-644379/4

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IHK München: Forderungen durchsetzen

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