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Kein Selbstläufer So klappt Teamintegration

Diversität ist in der Arbeitswelt ein beliebtes Buzzword. Doch sie funktioniert nicht einfach so. Neue Teammitglieder müssen begleitet werden. Warum das so ist und wie es am besten klappt, erklärt Organisationsforscher Prof. Florian Kunze.

17.05.2019, 13:06
Prof. Florian Kunze ist Inhaber des Lehrstuhls für Organisational Studies am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz. Foto: Universität Konstanz/dpa-tmn
Prof. Florian Kunze ist Inhaber des Lehrstuhls für Organisational Studies am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz. Foto: Universität Konstanz/dpa-tmn Universität Konstanz

Konstanz (dpa/tmn) - Eine Frau ergänzt ein reines Männerteam, ein älterer Arbeitnehmer soll eine junge Arbeitsgruppe verstärken: Mit Vielfalt im Team möchten viele Unternehmen Innovationen vorantreiben.

Doch Arbeitnehmer, die in ihrem Team in der Minderheit sind, haben oftmals Probleme, sich gut zu integrieren. Das legt zumindest eine Studie von Florian Kunze nahe. Er ist Professor für Organisational Studies an der Universität Konstanz.

Der Organisationsforscher beobachtete zusammen mit dem Doktoranden Max Reinwald in einer Langzeitstudie über 800 Teams eines Schweizer Dienstleistungsunternehmens. "Über einen Zeitraum von sieben Jahren haben wir uns angeschaut, wie Neuankömmlinge sich in Teams integrieren. Im Speziellen, wenn sie in der Minderheit sind", erklärt Kunze.

Im Ergebnis zeigten sich bei den neuen Teammitgliedern nach einiger Zeit "relativ drastische Fehlzeiten". Im Vergleich zu Arbeitnehmern, die schon länger dabei waren, meldeten sich diejenigen, die ein Team verstärkten, in dem sie in der Minderheit waren, etwa doppelt so häufig krank.

"Das Ankommen und die Sozialisation im Team ist ganz entscheidend", sagt Kunze. Für Mitarbeiter, die in einem neuen Team anfangen, gebe es sogenannte Anker-Ereignisse. "Wer gleich zu Beginn das Gefühl hat, diskriminiert oder in Aufgaben nicht eingebunden zu werden, behält diese negativen Ereignisse besonders stark", sagt der Professor.

Die Neuen würden solche Ereignisse über die Zeit immer wieder rekapitulieren, so dass eine Negativspirale entsteht. "Am Ende hat der Wunsch, Diversität im Team und damit neue Ideen und Innovation dann den gegenteiligen Effekt: Die Integration misslingt", erklärt Kunze.

Besonders stark sei der Effekt, wenn neue Mitarbeiter sehr vom "Prototypen" des üblichen Teammitglieds abweichen. "Für diese Gruppen herrschen schon bestimmte Stereotype vor, das führt dann auch zu entsprechendem Verhalten", erklärt Kunze.

Wie kann das verhindert werden? Damit sich neue Teammitglieder integrieren, sei entscheidend, dass im Betrieb ein Bewusstsein entwickelt wird, dass es Probleme geben kann, sagt Kunze. "Diversität ist kein Selbstläufer, das kann auch erstmal Kosten verursachen im Unternehmen." Frauen, die ein Männerteam verstärken, oder Älteren in einem jungen Team sollte zum Beispiel ein Mentor zur Seite gestellt werden, der sich um die Integration kümmern kann.

Auch der einzelne Mitarbeiter könne dazu beitragen, dass sich neue Mitglieder im Team wohlfühlen. "Es hilft schon, die eigenen Vorurteile und Einstellungen zu reflektieren", sagt Kunze. "Aus der Gruppenforschung wissen wir: Man fühlt sich immer denen näher, denen man ähnlich ist." So entstehe oft Diskriminierung gegenüber Minderheiten. Mit einem offenen Umgang können Beschäftigte das aber vermeiden.

Die Ergebnisse seiner Forschung sieht Kunze aber keinesfalls als Hinweis, dass gleiche Teams besser funktionieren würden. "Wenn man Neues schaffen will, braucht man verschiedene Blickwinkel", sagt er. Die Vielfalt müsse in Unternehmen aber aktiv angegangen werden - und dazu können sowohl die Mitarbeiter als auch die Führungskräfte beitragen.

Mitteilung zur Studie