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Polizeieinsatz Bombendrohung: Polizei sucht im Impfzentrum in Wernigerode und Quedlinburg nach Sprengstoff

Einrichtungen werden evakuiert und von Beamten mit Spürhunden durchsucht. Sprengstoff wird dabei nicht gefunden.

Von Uta Müller, Uta Elste und Sandra Reulecke 07.01.2022, 20:03
Das Impfzentrum in Quedlinburg wird von Polizisten mit Hilfe von Spürhunden nach der Bombe durchsucht.
Das Impfzentrum in Quedlinburg wird von Polizisten mit Hilfe von Spürhunden nach der Bombe durchsucht. Foto: Bein/dpa

Quedlinburg/Wernigerode/MZ/VS - Schock in den Mittagsstunden: Ein Unbekannter droht am Freitag am Bürgertelefon des Landkreises Harz damit, dass eine Bombe im Wernigeroder Impfzentrum explodieren wird, sollte der Betrieb dort nicht eingestellt werden. Mitarbeiter des Bürgertelefons informieren daraufhin umgehend Annelie Dietze, Chefin des Impfzentrums, über die Forderung des offenbar männlichen Anrufers. Sie habe sofort die Polizei benachrichtigt, sagt Dietze. Beamte eilen zum Impfzentrum am Kupferhammer, sperren das Gebiet weiträumig ab – nur noch Anwohner dürfen die Straße zum nahe gelegenen Wohngebiet passieren.

„Wir hatten überhaupt keine Zeit, darüber nachzudenken“

Glück im Unglück für die Einsatzkräfte: Im Wernigeröder Zentrum waren am Freitag keine Impfungen geplant. Dennoch wurden Personen in Sicherheit gebracht, nicht nur in Wernigerode, sondern nach Absprache zwischen Polizei und Landkreis auch im Impfzentrum in Quedlinburg. Es sei alles ganz schnell gegangen, berichtet Annelie Dietze. „Wir hatten überhaupt keine Zeit, darüber nachzudenken.“

Hilfe hatten die Mitarbeiter dabei von elf Bundeswehrsoldaten, die derzeit die Arbeit im Impfzentrum des Landkreises in Quedlinburg unterstützen. Unter Führung von Thomas Kronjäger wurden Mitarbeiter und Patienten in Sicherheit gebracht. Gegen 12.45 Uhr hatten alle 32 Personen das Gebäude verlassen, das daraufhin abgesperrt wurde. Auch ein Friseursalon in der Nähe wurde geschlossen. Anwohner wurden umgeleitet.

Drei Belgischen Schäferhunde suchten das Gebäude nach Sprengstoff ab

Aus Magdeburg wurden drei Sprengstoff-Suchhunde angefordert, die ab 15 Uhr am Quedlinburger August-Bebel-Ring 13 abwechselnd im Einsatz waren. Die drei Belgischen Schäferhunde suchten das Gebäude mit einer Fläche von 1.000 Quadratmetern mehr als zwei Stunden lang nach Sprengstoff ab. Alle 20 Minuten wechselten sie sich ab. Gefunden wurde jedoch nichts. Anschließend wurden die Tiere nach Wernigerode gebracht, um das dortige Impfzentrum nach einer Bombe zu durchsuchen.

Waren sie bislang stolz auf ihre Arbeit im Impfzentrum, machte sich derweil nach dem ersten Schock eine weitere Sorge bei Mitgliedern des Impfteams breit, wie sie anonym berichten. „Wie weit werden die Impfgegner gehen? Könnten ich oder meine Familie Ziele von Anschlägen werden?“ Solche Fragen beschäftigten sie, während die Einsatzkräfte die Impfzentren durchsuchten.

„Das ist ein Schlag gegen das Ehrenamt“

„Wir sind geschockt“, sagte Ralf Schult, Chef der Ortsgruppe der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Wernigerode. Sie organisiert die Impfungen am Kupferhammer. „Das ist ein Schlag gegen das Ehrenamt und eine Gefährdung noch dazu.“ Er sei „nur froh“, dass die Bombendrohung zu einem Zeitpunkt eingegangen sei, an dem das Impfzentrum nicht besetzt gewesen sei. „Man stelle sich vor, das wäre passiert, wenn 150 bis 200 Leute in der Schlange stehen.“ So schnell hätte man die Impflinge gar nicht in Sicherheit bringen können, zumal unter den Wartenden oftmals Senioren und Rollstuhlfahrer seien. „Da hätte eine Panik ausbrechen können“, so der DLRG-Chef. „So etwas kann man nur auf das Schärfste verurteilen.“

Er hofft, dass der Anrufer gefasst und zur Rechenschaft gezogen werde. Gleichzeitig sorgt sich Schult um seine Mitstreiter von der DLRG und die Arbeit im Impfzentrum. „Da sind viele junge Leute dabei. Es wäre schlimm, wenn ihnen durch den Vorfall nun die Motivation fehlt, sich weiter im Impfzentrum zu engagieren, weil sie Angst um ihr Leben haben.“ Pro Impftag seien 15 bis 18 Helfer in zwei Schichten eingesetzt. „Wenn uns da nur die Hälfte wegbrechen würde, hätten wir ein Problem.“

Landrat: „Das wird von uns unnachgiebig strafrechtlich verfolgt werden“

Die Nachricht über die Drohung machte schnell in beiden Städten sowie in der Kreisverwaltung die Runde und sorgte für Entsetzen. „Ich bin wirklich sprachlos“, sagt Harz-Landrat Thomas Balcerowski (CDU). „So etwas hat es im Landkreis noch nie gegeben, das ist eine ganz neue Qualität – im negativen Sinne.“ Er wisse, dass das Thema Corona-Impfung die Gemüter spalte. „Es darf auch jeder seine Meinung dazu haben, aber so etwas geht zu weit“, betont er. Eine solche Drohung habe nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. „Das ist eine Straftat. Das wird von uns unnachgiebig strafrechtlich verfolgt werden. Wir können so etwas als Rechtsstaat nicht einfach hinnehmen“, betont der Jurist. Impfzentren seien dazu da, Menschen zu schützen, nicht, um Angst und Schrecken auszulösen.

Trotz der Drohung will sich das Harzer Impfteam nicht von seiner Arbeit abhalten lassen. In Quedlinburg sind am Sonnabend Zweitimpfungen für Kinder geplant. „Die werden auch stattfinden“, versichert Annelie Dietze. Die Polizei werde verstärkt Präsenz zeigen.

Mitarbeiter des Impfzentrums und des Wachdienstes warten nach Verlassen des Gebäudes auf die Ankunft der Sprengstoffspürhunde.
Mitarbeiter des Impfzentrums und des Wachdienstes warten nach Verlassen des Gebäudes auf die Ankunft der Sprengstoffspürhunde.
Foto: Uta Müller