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Musikfestival Von Specials bis Elbow: Rock statt Rummel in Rust

Rock, Pop und Folk im Freizeitpark: Die zweite Auflage des "Rolling Stone"-Festivals im Südwesten mit rund 30 Auftritten war künstlerisch erfolgreich - und hätte mehr Zuschauer verdient.

Von Werner Herpell, dpa 10.11.2019, 12:51

Rust (dpa) - Die Fahrgeräte Matterhorn-Blitz, Voletarium und Eurosat-CanCan Coaster hatten zwar für einige Stunden geöffnet. Doch die Attraktionen, für die rund 2000 Musikfans am Wochenende in den Europa-Park Rust bei Freiburg gekommen waren, hießen anders. Es ging schließlich nicht um Rummel, sondern um Rock, Pop und Folk - beim Indoor-Festival "Rolling Stone Park" (RSP).  

The Specials aus Coventry zum Beispiel. Die legendäre linke Ska-Truppe um Sänger Terry Hall bewies, dass eine Wiedervereinigung nach fast 40 Jahren Pause durchaus Sinn ergeben kann - wenn man starke neue Songs hat und die alten mit so viel Energie und Überzeugung spielt wie diese urbritische Band am späten Freitagabend in der gut gefüllten "Arena" des Europa-Parks. Eine schweißtreibende Angelegenheit im November.

Oder Elbow aus Manchester. Der Haupt-Act des Samstags zeigte, dass Stadionrock - stilistisch irgendwo zwischen den frühen Genesis, Coldplay und Radiohead angesiedelt - auch in ein mittelgroßes Hallenformat passt. Frontmann Guy Garvey entschuldigte sich wortreich für den vermaledeiten Brexit, umarmte das Publikum mit ausladenden Gesten und sang mit seiner stets an Peter Gabriel erinnernden Stimme die schönsten Hymnen des Festivals.

Die RSP-Zugpferde erfüllten mit ihren Auftritten also alle Erwartungen - der Reiz einer Veranstaltung mit rund 30 sehr unterschiedlichen Gigs liegt aber gerade auch bei den kleiner gedruckten Namen. Und da gab es einige überraschende Gewinner - etwa die auf den ersten Blick schmächtige, aber enorm stimmgewaltige nordirische Bluesrock-Musikerin Amy Montgomery. Oder das Bostoner Folkpop-Duo Tall Heights mit seinen soften Harmoniegesängen.

Die US-Amerikanerin Joan Wasser alias Joan As Police Woman legte im plüschigen "Ballsaal Berlin" einen vor Intensität berstenden Solo-Auftritt mit Piano und E-Gitarre hin. Das aus der TV-Serie "Babylon Berlin" bekannte Moka Efti Orchestra schien zunächst so gar nicht zum Rockmagazin "Rolling Stone" und seinem Rust-Festivalableger zu passen - doch Pianist Nikko Weidemann und seine 13-köpfige Formation inklusive Sängerin/Schauspielerin Severija Janušauskaite begeisterten ganz unbefangen mit tollem 20er-Jahre-Bigbandsound    

Den vielleicht besten Gig des zweitägigen Festivals lieferte der Ire Conor O'Brien mit seiner Indiefolk-Elektronik-Band Villagers ab. Einen seiner Songs widmete der Sänger dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, nachdem er dessen Porträt an einer Wand des Ballsaals entdeckt hatte. Die 80-minütige Show dieser hochtalentierten Musiker ließ ansonsten wohl niemanden im Publikum unberührt.

Nach der Premiere 2018 fand "Rolling Stone Park" zum zweiten Mal auf dem Freizeitpark-Gelände in Rust statt. Die wie im Vorjahr erwarteten 2200 Fans kamen nach Veranstalterangaben vom Sonntag auch diesmal - allerdings gab es bei weitem nicht den erhofften Besucherzuwachs. FKP Scorpio und der "Rolling Stone" als Ausrichter wollen "in Kürze" über eine dritte RSP-Auflage im Jahr 2020 informieren.

Bis dahin machen sich die Organisatoren womöglich noch Gedanken darüber, ob es sinnvoll ist, den jeweiligen Haupt-Act des Abends erst um 23.30 Uhr auf die Bühne zu schicken. Auch Rockfans, zumal ältere aus der Leserschaft des "Rolling Stone", werden irgendwann müde. So hatte sich die "Arena" vor allem bei Elbow am Samstagabend schon arg geleert - kein schöner Anblick für eine Band, die in Großbritannien vor Zehntausenden Menschen spielt.

Rolling Stone Park

Rolling Stone Beach

Werner Herpell
Werner Herpell
dpa