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Staatskapelle Weimar "Sardanapalo": Liszts Unvollendete kommt zur Aufführung

Nie gespielt und nahezu vergessen: Franz Liszts Oper "Sardanapalo" lag mehr als 100 Jahre lang im Archiv. Jetzt wagt sich ein Orchester an den ersten Akt - "etwas, was niemand zuvor gehört hat".

17.08.2018, 08:10

Erfurt (dpa) - Das Fragment der Oper "Sardanapalo" von Franz Liszt (1811-1886) galt als schwer entzifferbar, lückenhaft und unaufführbar. Über 100 Jahre lag es deshalb fast völlig vergessen im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar.

Vor mehr als zehn Jahren nahm sich David Trippett, außerordentlicher Professor an der Musikfakultät der Universität Cambridge, des Manuskriptes an.

"Die Musik muss gerettet werden", war für ihn klar. Mehrere Jahre habe er an der Orchestrierung des 1. Aktes gearbeitet, sagte Trippett der Deutschen-Presse-Agentur. Die große Schwierigkeit dabei: Liszt habe in den 1850er Jahren viele Abkürzungen, Änderungen und alternative Versionen vermerkt. An diesem Sonntag und Montag wird das unvollendete Werk von der Staatskapelle Weimar unter Leitung des Chefdirigenten Kirill Karabits im 1. Sinfoniekonzert der neuen Saison konzertant uraufgeführt.

"Es ist die Verwirklichung eines Traumes", sagte Trippett, der als Student der Leipziger Hochschule für Musik mit dem Zug nach Weimar fuhr, um sich das Stück im Archiv ansehen zu dürfen. 111 Seiten umfasst die Handschrift zum 1. Akt mit teilweise leeren Notenzeilen. "Die Orchestrierung kommt von mir, aber es ist durchgängig Liszt". Die Musik sei fantastisch. "Sie ist 170 Jahre alt, aber sie klingt sehr frisch", sagte Trippett. Liszt habe versucht, eine moderne italienische Oper zu komponieren mit kühnen harmonischen Wendungen und Seitenwegen.

Das Libretto basiert auf Lord Byrons Tragödie "Sardanapalus" über den letzten König des antiken Assyriens, dem heutigen Syrien und Nordirak: Ein friedliebender Herrscher, der sich mehr für Feiern und Frauen interessiert als für Politik und Krieg und an die Güte und Tugend im Menschen glaubt. Als er von Rebellen gestürzt wird, verbrennt er sich und seine Geliebte bei lebendigem Leib.

"Die Musik ist wirklich großartig und faszinierend", ergänzte Chefdirigent Karabits. Das Fragment mit dem Chor am Ende erinnere ihn sehr an Richard Wagners "Tannhäuser". "Ich dirigiere etwas, was niemand zuvor gehört hat. Das ist sehr spannend und eine große Verantwortung." Die Entdeckung schlage ein neues Kapitel in der deutschen Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts auf. "Das Stück finden Sie noch in keinem Werkverzeichnis von Liszt", sagte der Chefdirigent als einer der Nachfolger des Komponisten in Weimar. Liszt war Kapellmeister der Hofkapelle in Weimar, der heutigen Staatskapelle.

Nach Angaben von Trippett gibt es bereits zahlreiche Anfragen aus anderen Ländern, die Unvollendete von Liszt ebenfalls erklingen zu lassen.

Infos zum Sinfoniekonzert