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Bundesforst Die kranken Bäume müssen raus

Wie lange bleiben die Bäume noch standhaft und verkraften den Wassermangel, der nun schon im dritten Jahr in Folge der Pflanzenwelt zusetzt?

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 03.05.2020, 10:37

Klietz l Die Förster des Bundesforstbetriebes Nördliches Sachsen-Anhalt machen sich große Sorgen und sind wachsam. Deshalb haben sie auch bemerkt, dass es in verschiedenen Beständen Bäume gibt, deren Kronen braun werden. „Da ist nichts mehr zu machen!“ zeigt der für den Bereich Schönhauser Damm zuständige Revierleiter Benjamin Menn auf eine Kiefer, bei der auch schon die Borke bröckelt. Er ist auf Kontrollfahrt zusammen mit Hans-Christoph von Hirschheydt. Der ist seit Jahresbeginn für den nach Berlin ins Ministerium abgeordneten Lutz Freytag als stellvertretender Leiter des Bundesforstbetriebes in Klietz eingesetzt. Inzwischen hat er sich gut vertraut gemacht mit den Flächen, die zu seinem Bereich gehören. Im Klietzer Bereich ist es der rund 10 000 Hektar große Truppenübungsplatz. „Hier ist seit vielen Jahren sehr gute Arbeit geleistet worden. Schon unter Wolfgang Neumann gab es viele Aufforstungsprojekte mit Laubholz, so dass es hier nicht nur die Kiefer als Monokultur gibt, sondern auch Laubholz.“ Generell sei der Platz sehr strukturreich und die vor Jahren begonnene Umstrukturierung werde auch fortgesetzt.

An einer Stelle zwischen Klietz und dem Hohengöhrener Damm stoppen die beiden Förster ihr Fahrzeug. „Hier können wir gut die gerade aktuellen Probleme zeigen“, sagen sie im Pressegespräch.

Links des Weges ein Hochwald – 60, 70 Jahre alt etwa. Etliche Bäume sind mit Farbe markiert. „Hier geht jetzt der Harvester durch und holt sie raus.“ Nicht, weil durch den Holzverkauf Gewinn gemacht werden soll, sondern weil es sein muss! Hier, am westlichen Rand des Truppenübungsplatzes, sind etliche Bäume vom Pilz namens „Diplodia“ befallen. Er setzt sich in den Trieben in der Krone fest, lässt sie absterben. Der vom Wassermangel der zurückliegenden Jahre ohnehin geschwächte Baum hat keine Kraft, sich zur Wehr zu setzen.“

Verkauft wird das Holz zu denkbar schlechten Konditionen. „Wirtschaftlich ist das nicht. Aber wir müssen dem Wald helfen!“ begründet Hans-Christoph von Hirschheydt.

Rund 1000 von „Diplodia“ befallene Bäume sind es auf dem Waldstück, die gefällt werden müssen. „Wir sind generell sehr aufmerksam und beobachten den Wald, um die kleinsten Veränderungen schnell zu sehen“, sagt Hans-Christoph von Hirschheydt. „Noch ist die Lage in Klietz im Vergleich zu anderen Regionen überschaubar, aber es gilt, äußerst wachsam zu sein.“

Damit die Bäume Kraft gewinnen, brauchen sie Wasser. Sie sind nach zwei Dürresommern und dem erneut milden Winter gestresst. Nicht nur der vorhandene Bestand dürstet nach Regen, sondern auch die Neuanpflanzungen.

Davon gibt es rechts des Weges eine Fläche, 0,6 Hektar groß. Weil hier 85 Prozent der Kiefern von „Diplodia“ heimgesucht worden waren, blieb nur ein Kahlschlag, „den wir eigentlich immer verhindern wollen. Aber hier war der Befall zu stark“, erklärt Benjamin Menn. Im Februar, als die Bedingungen bei ausreichend Regen nahezu ideal waren, kamen zwei Jahre alte Roteichen und Douglasien in die Erde. Beim kritischen Blick über die Fläche ist nun zu sehen, dass nicht alle 1000 Pflänzchen angewachsen sind. Hans-Christoph von Hirschheydt kratzt im staubtrockenen Boden, erst nach 15 Zentimetern wird es feucht. „Die Bäumchen brauchen Wasser, sonst war die Anpflanzung umsonst.“ Der regen der zurückliegenden Tage waren der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“, der gar nicht an der Wurzel angekommen ist.

Ganz kahl ist es übrigens nicht auf der neu angepflanzten Fläche. Vereinzelt ein paar Kiefern, die gesund waren, sind stehengeblieben. Das ist gut, weil sie Schatten spenden. Den spenden auch die Laubbüsche, die außerdem an etlichen Stellen wachsen. „Das ist die spätblühende Traubenkirsche. Sie wird häufig auch als die Waldpest bezeichnet. Bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts dachte man, man tut den Kiefern auf den armen Standorten etwas Gutes, wenn die in Nordamerika heimische spätblühende Traubenkirsche wächst. Inzwischen steht sie in Konkurrenz zu den heimischen Arten, breitet sich aus, ohne dass man etwas dagegen tun kann“, so der stellvertretende Forstamtsleiter.

Die Beobachtung der Wetterprognose für die nächsten Tage bereitet den Förstern Kopfzerbrechen: Nur Sonne und kein Regen in Sicht!